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so ungeheuchelt und wahr, daß auch nicht der leiseste Zweifel aufkommen konnte, ob sie das Flackerfeuer schwärmerischer Erregung sei; dazu war er sammt seinem Begleiter zu nüchtern. Wenn meine Erzählung bei diesen beiden Menschen etwas länger verweilt, so kommt es, weil sie mir die anziehendsten und bei aller Unscheinbarkeit die hervorragendsten waren. Wäre die Fahrt eine angenehmere gewesen, würden wir wohl manche trauliche Unterhaltung mehr gehabt haben. Leider wurde der Sturm in der Biscayischen See immer heftiger; einen Tag lang war es unmöglich auf dem Deck zu sein, da die See selbst über das Quaterdeck ging und mkn genöthigt war, zwei Steuerleute, da einer es nicht regieren konnte, beim Ruder festzubinden, damit sie nicht über Bord gespült wurden. Der Capitän erzählte uns, er habe sich schon 5 mal trocken angezogen; dabei blieb er aber immer guter Dinge und war namentlich sehr liebenswürdig gegen die Damen. Für mich war das Sein in der Cajüte sehr unangenehm; die fortwährend gewaltsame Bewegung, der man in keiner Lage entgehen konnte, die Unfähigkeit selbst zum Lesen, die beklommene Luft brachten mich auf einen hohen Grad nervöser Erregtheit, in welchem ich auch vielleicht mehr Gefahr für uns sah, als wirklich der Fall war. Selbst mit dem Schlafe des Nachts wollte es nicht recht glücken, da an eine ruhige Lage im Bette nicht zu denken war. Glücklicher Weise war die Seekrankheit schon auf der Reise nach England abgemacht. Luise war in Allem viel glücklicher daran als ich; sie konnte lesen und vortrefflich schlafen und war in Bezug auf das Schiff und etwaige Gefahr ganz unbefangen. Von unsern Reisegefährten litten Manche heftig an der Seekrankheit. Wir Uebrigen hatten durch ihre Abwesenheit bei den Mahlzeiten wenigstens hinreichend Platz, was wünschenswerth war, da die Speisen wiederholt über den Tisch den Gästen in den Schooß fielen, ein Unglück, welches mich ganz besonders betraf. Einmal fiel sogar unser Capitain, welcher bei Tische präsi- dirte, mit seinem Stuhle um. Auch wurden wir Gäste um Nachsicht wegen der Speisen, die übrigens sehr reichlich und gut waren, gebeten, da der Koch sich durch das heftige Schwanken mit heißem Wasser begossen habe. Als der Sturm eines Nachmittags etwas nachließ, und man der See wegen wieder auf Deck konnte, war es ein schauerlich schöner Anblick, das bewegte Meer zu sehen. Solche Wogen hatte ich nie gesehen. Man konnte nur an Tauen sich haltend auf dem Deck zubringen. Ab und an gab es noch etwas Spritz- wasser. Die unglücklichen Bewohner der zweiten Cajüte waren aber gänzlich in die erste geflüchtet, da ihre Thüren dem Wasserdrange nicht mehr Stand hielten und sie genöthigt waren mit aller Körperkraft sich gegenzustemmen, wodurch sie natürlich um ihre Nachtruhe gekommen waren. Auch das Essen hatte man ihnen sehr unregelmäßig und schlecht gereicht. Was sie aber aufs Höchste empörte war der Umstand, daß man Ferkel, die in ihrer Behausung