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reien einzelner Bändenchefs, die bedeutend mehr Leute in ihren Listen geführt, als wirklich vorhanden waren, traten nach und nach ans Licht — zugleich drückte auch Franz Geldmangel; selbst die Lebensmittel fingen an, seltener zu werden. Alles das stimmte den König mehr wie je zur Schlacht, während seine alten Heerführer ihre Vorstellungen erneuten und auf den Abzug drangen. Er hörte so wenig auf sie als auf die Botschaft des Papstes, der ihm rathen ließ, sein Glück in Italien nicht an eine Schlacht mit den grimmigen Deutschen zu wagen.*) Er zog sein Heer noch enger zusammen; sogar die Schaar, welche bisher unter Anne de Montmoreney die Gravellone-Insel besetzt gehalten, rückte größtentheils in das Lager ein, welches nun durchaus vorbereitet war auf die Schlacht.
Die täglich stärker und heftiger werdenden Anläufe der Spanier und Deutschen schienen diese vorzubereiten. Und sie waren auch wirklich das Vorspiel zur blutigen Entscheidung. Pescara hatte nämlich in einem Kriegsrathe Bourbon und den furchtsamen Lannoy zu einem raschen Angriff gestimmt. „Gott gebe mir" sagte Pescara „hundert Jahre Krieg und nicht einen Schlacht- tag! Aber heute ist kein Ausweg." — Es war nicht eine jener glänzenden Feldschlachten zu erwarten, in denen wohl sonst zwei Ritterschaften um den Preis der Ehre schlugen: eine geldbedürftige, Mangel leidende Söldnerschaar sollte das reiche Lager des Feindes erbeuten, ihre Waffenbrüder entsetzen, das so oft eroberte Land endlich einmal sichern.**)
An eine solche Aufgabe mußte man auch unter den ungünstigsten Umständen gehen. „Entweder" so schrieb Pescara dem Kaiser „muß Euer Majestät den erwünschten Sieg erlangen, oder wir erfüllen mit unserem Tode die Pflicht, Ihnen zu dienen."
Das wolbefestigte Lager im Frontalangriff zu stürmen, hatte sich bei den bisherigen Vorkämpfen als unausführbar herausgestellt. Pescara wollte es daher mit einer Flankenbewegung versuchen. Seinem Plane gemäß hatte der ' Hauptangriff noch in der Dunkelheit und zwar auf Mirabelle zu geschehen, um von hier aus im günstigsten Fall die Tessinbrücken zu zerstören und den jedes Rückzugs beraubten Feind in dem Winkel zwischen Tessin und Po zu vernichten, im minder günstigen Fall doch bis Pavia durchzudringen. Der Angriff sollte durch einen gleichzeitigen Ausfall der Garnison unterstützt werden. — Mirabella, das, wie wir wissen, im Park lag, bildete eine Art Re- duit des feindlichen linken Flügels. Sein Besitz mußte den König zwingen, die Schlacht außerhalb setner Verschanzung und unter örtlichen Verhältnissen anzunehmen, die seiner mächtigen Gendarmerie nicht ungünstig waren*"), ja er
') Sandoval und du Bellay. ") Ranke.
P. Jovius und Sandoval.