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Das neue und das alte Leipzig. I.
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Handels bestimmter Häusercomplexe (sog.Höfe"), von denen nicht wenige mit manchem adlichen, ja fürstlichen Pallast an Größe und auch wohl an Reich­thum der Architektonik sich messen konnten.

Leipzig gehört nicht zu den bevorzugten deutschen Städten, die, wie Nürnberg, Augsburg, Danzig, Hildesheim, Braunschweig, gleichsam Deposi­täre jener ältern ächtdeutschen Baukunst sind, die man früher die gothische nannte, jetzt richtiger die germanische nennt. Dagegen mag es wenige Städte in Deutschland geben, wo die Periode der spätern, allerdings schon meist zu dem sog. Rococo verbildeten, immerhin aber in großen, zum Theil prächtigen Stylverhältnissen sich bewegenden Renaissance so viele und reiche Spuren hinterlassen hat, und das in einfachen Privatgebäuden! Besonders ausgezeichnet durch solche Bauten war und ist noch heut, nächst dem Markt, die Katharinenstraße, die eigentliche Aristokratin unter den Straßen Leipzigs, aber auch Neumarkt, Petersstraße, Klostergasse u. a. zeigen sporadische Denk­mäler jener nach dem Großen und Glänzenden strebenden Baulust des vorigen Jahrhunderts.

Der Zeit seiner Entstehung nach das erste von jenen Gebäuden ist die 1691 begonnene, 1711 vollends ausgebauteFeuerkugel"; dem Geschmack und Reichthum der Architektonik nach das hervorragendste, das von dem damaligen Bürgermeister Romanus gebaute und lange Zeit nach ihm benannte Haus an der Ecke der Katharinenstraße und des Brühl. Dieses letztere freilich zu­gleich ein warnendes Denkmal, wie schon damals theilweise (was leider heut im Allgemeinen keine Seltenheit, doch aber gerade in Leipzig glücklicherweise verhältnißmäßig eine solche ist) wirklicher Wohlstand und nachhaltiges Ver­mögen zu solidem Luxus mit aufgeblähtem Schein und schwindelhafter Ueber­hebung sich nahe berührten. 1704, ward jenes stattliche Haus fertig; schon im Januar 1705 aber wanderte Romanus auf den Königstein, mehrfacher Schwindeleien und selbst der Veruntreuung öffentlicher Gelder angeklagt und schuldig befunden. Schon während der Prachtbau emporstieg, bezeichnete ein dunkles Gerücht den Grund, worauf er ruhte, den Wohlstand seines Erbauers, als schwankend. Ein Nachbar des hoffärtigen Bürgermeisters, ein dürftiger waZistör I,jx8ien8ig, der mit mäßigen Mitteln sich ein bescheidenes Häuschen gegenüber dem Romanus'schen Pallaste gebaut, schrieb damals eine kleine lateinische Schrift mit dem witzig zweideutigen Titel: äs stultitia Rowanorum in Äkäiüeanäis xalatiis. Damit nicht zufrieden, brachte er auf einem Vorsprung seines Häuschens das Standbild eines Männchens an, wahrscheinlich sein eignes, welches warnend mit aufgehobenem Finger nach dem stolzen Bau hinüber­droht. Noch heut steht das Warnungszetchen da oben, von Wenigen wohl bemerkt, von noch Wenigeren nach seiner Bedeutung und Entstehung gekannt. Zunächst an das Romcmus'sche Haus nach ihren Größenverhältnissen und der