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Antrag von zehn aktiven Gemeindegliedern, von denen jedoch nicht mehrere Einem Familienhaupt untergeordnet sein dürfen, die sämmtlichen aktiven Glieder der Gemeinde zum Beschluß über die Einrichtung der Stellvertretung oder über die Wiederbesetzung der Stelle. Zur Gültigkeit des Beschlusses genügt die Majorität der Erschienenen. Nach vollzogener Wahl wird ein Repräsentant gewählt, welcher das Amt an den Gewählten überträgt und welcher verantwortlich ist für die Befolgung des Gesetzes über die Vorbildung und Anstellung der Geistlichen.
Es bedarf nur eines Blickes auf diese Bestimmungen, um die gewaltige Tragweite derselben einzusehen. Bevor wir uns dieselbe vergegenwärtigen, wollen wir erst das zweite Gesetz in Betracht ziehen, welches unter veränderten Bedingungen dieselben Vorschriften wiederholt.
Dieses zweite Gesetz ist datirt vom 21. Mai 1874 und betrifft die De- klaration und Ergänzung des Gesetzes vom 11. Mai 1873 über die Vorbildung und Anstellung der Geistlichen. Die Deklarationsartikel dieses neuen Gesetzes dienen nur zur Beseitigung einer Undeutlichkeit des Gesetzes vom 11. Mai 1873, indem sie die Fälle der gesetzwidrigen Uebertragung des geistlichen Amtes Präcisiren. Weit wichtiger sind aber diejenigen Bestimmungen des neuen Gesetzes, welche von der Verwaltung eines erledigten Pfarramtes handeln. Wird ein erledigtes Pfarramt, so bestimmt das Gesetz, gesetzwidrig übertragen, oder wird durch Thatsachen die Annahme begründet, daß die Uebertragung des Amtes auf gesetzmäßige Weise nicht erfolgen werde, so ist der Oberpräsident zur Beschlagnahme des Vermögens der Stelle befugt. Wenn nach Erledigung eines geistlichen Amtes ein Nachfolger wegen gesetzwidriger Bekleidung des Amtes zur Strafe verurtheilt worden, so ist der Präsentationsberechtigte zur Wiederbesetzung oder zur Sorge für die Stellvertretung befugt unter denselben Bedingungen, wie bei der Erledigung des Bis- thums. Unter den nämlichen Bedingungen geht auch die Befugniß zur Wiederbesetzung und zur Sorge für die Vertretung der Stelle auf die Gemeinde über. Der Beschluß über die Wiederbesetzung und über die Bestellung der Vertretung erfolgt unter denselben Formen wie bei der Erledigung des Bisthums.
Dies der Inhalt der beiden Gesetze. Vergegenwärtigen wir uns nun ihre Tragweite. Jedes der beiden Gesetze bestimmt einen Fall, in welchem die Besetzung des Pfarramtes unter übrigens gleichen Bedingungen und Formen auf die Gemeinde übergeht. Das erste Gesetz, über die Verwaltung erledigter Bisthümer. giebt, wo kein Präsentationsberechtigter vorhanden oder wo derselbe von seiner Befugniß keinen Gebrauch macht, das Recht der Pfarramtsbesetzung an die Gemeinde in dem Fall, daß kein staatlich anerkannter Bischof vorhanden und daß für die Einkünfte des Bisthums eine staatscommissarische Verwaltung eingetreten ist. Das zweite Gesetz, dasjenige