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Seiten die Genien des Krieges und des Friedens postirt sind, auf dessen Scheitel aber hochaufgerichtet, die eine Hand auf das lorbeerumkränzte Schwert gestützt, in der anderen die Kaiserkrone haltend, die Germania thront, ein Heldenweib von edelstem Ausdruck. Trügt der Eindruck nicht, den dieser Entwurf hinterläßt, so mag dereinst wohl das Denkmal auf dem Niederwald als das vollendetste und würdigste Erinnerungszeichen der Ehrentage unserer Nation gepriesen werden. —
Schon früher habe ich wiederholt den geneigten Leser zu einem Gange durch die Ausstellungsräume des Vereins Berliner Künstler eingeladen. Heute ist die Ausbeute nicht sonderlich reich zu nennen. Die Ausstellung enthält zur Zeit eine Fülle des Ansprechenden und Interessanten, ohne jedoch darunter viel Hervorragendes aufweisen zu können. Einiges Aufsehen erregt ein Bild H. v. Angeli's: „Die Verweigerung der Absolution." Vor dem unerbittlichen Priester liegt händeringend ein römisches Weib. Man sieht es dem harten Manne an, daß es ihm schwere Ueberwindung kostet, dem Flehen der geängsteten Seele zu widerstehen, aber dennoch spricht aus jeder Miene die eiserne Zucht der Regel. Weniger packend ist die Erscheinung des unglücklichen Weibes; der Schmerz der Verzweiflung gelangt in dem blassen Antlitz nicht überwältigend genug zum Ausdruck. Im Uebrigen ist das Bild in Zeichnung und Colorit vortrefflich ausgeführt; der düstere Hintergrund steigert noch die Wirkung der unheimlichen Scene. — Beachtenswerth ist auch eine mittelalterliche Scene „Schmerzliche Trennung" von Schuch. Ein edler Jüngling steht im Begriff, den Kerker zu betreten; ihm am Halse weint die blondgelockte Braut. Ungeduldig harren Schließer und Wache, daß der Abschied ein Ende finden möge. Das Bild ist recht sauber ausgeführt, doch mangelt dem seelischen Ausdruck die Tiefe. — Nicht ohne Wirkung ist Linzen Mayer's groß angelegte Compofition „Elisabeth unterschreibt das Todesurtheil Maria Stuarts". Staffage und Tracht sind mit historischer Treue und in trefflicher Ausführung wiedergegeben; auch die schmerzliche Energie in den Zügen der Königin ist in anerkennenswerther Weise zum Ausdruck gebracht. — Bauer's „Marodirende Landsknechte" sind kräftige Gestalten mit urwüchsigem Humor; nur ist das Ganze gar zu dunkel gehalten. — An Genre- und Charakterbildern ist zur Zeit weniger reiche Auswahl als gewöhnlich. Schlestnger hat eine „Kinderschule" ausgestellt, eine fein ausgeführte Compofition mit allerliebsten Köpfchen; nur mangelt dem Ganzen etwas der belebende Hauch echt kindlicher Fröhlichkeit. Auch diesmal übrigens fehlt in der Ausstellung nicht der Beweis, wie leicht die heutige Genremalerei sich verleiten läßt, die Grenzen des ästhetisch Zulässigen zu überschreiten. Wir sehen zwei Bilder von Hernberg „Die erste Pfeife und ihre Folgen". Das erste, die Darstellung der Lust am verbotenen Genusse, lassen wir uns zur Noth gefallen; „die Folgen" aber hätte uns des