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Freiheit und Recht in der menschlichen Gesellschaft.
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ebenso wie bei der Schenkung das Aufhören des Privatrechts vorausgesetzt werde, und die feudale und constitutionelle Gesellschaft endlich eine größere oder geringere Zahl von Contracten zur Grundlage habe, Die Eintheilung der materiellen Verträge in wesentlich einseitig belastende (Schenkung, Dar­lehn, Leihvertrag, Aufbewahrungsvertrag und Bevollmächtigungsvertrag) und wesentlich gegenseitig belastende (Tausch, Kauf, Miethe, Verlagsvertrag u. s. w.) scheint uns viel einfacher und natürlicher zu sein, als die gewaltsame Aus­scheidung des Darlehns und der Schenkung von den übrigen Contracten.

Die verschiedenen Ursachen, welche die Existenz des Rechts zu vernichten geeignet sind, theilt der Verfasser in zwei Gruppen, jenachdem sie in der Sphäre des Rechts auftreten und darinbleiben (Verjährung, Untergang des Rechtsobjectes, Irrthum) oder von außen hineindringen (moralische oder phy­sische Gewalt und Diebstahl).

Die Stabilität des Rechts wird erst dann gesichert, wenn die Idee' des Rechts sich zur Idee der Gerechtigkeit umwandelt, und dies geschieht, wenn der Mensch begreifen lernt, daß alle Menschen in Betreff der Uever- legenheit den anderen irdischen Geschöpfen gegenüber von gleichem geistigen Werthe sind. Solange die Gerechtigkeit nur im Zustande der Idee existirt, bleibt sie subjectiv, sie wird aber zur objectiven, sobald die menschliche Gesell­schaft mit Hülfe der Gesetzgebung die Aufgabe übernimmt, die Bedeutung der Idee der Gerechtigkeit zu bestimmen. Letztere stellt sich zuerst in der Theorie als Gesetzgebung und in der Anwendung als Function der Gerichte dar. In Folge weiterer Entwicklung erzeugt die Idee der Gerechtigkeit die der vertheilenden Gerechtigkeit, die sich theils als Criminaljustiz äußert, theils die Auszeichnungen und die Privilegien umfaßt. In der ersteren Richtung theilt der Verfasser die rechtsverletzenden Handlungen in Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen ein, diese in ihrem Grundgedanken auch dem deutschen Rechte und dem Rechts­bewußtsein des deutschen Volkes wohlbekannte Dreitheilung, die neuerdings wieder ihren Weg in das deutsche Neichsstrafgesetzbuch gefunden hat, und hin­sichtlich der rechtlichen Begründung des Wesens und Zweckes der Strafe stellt er eine Theorie auf, welche der von Kant in seinen metaphysischen Anfangsgründen der Rechtslehre (1797) entwickelten, ziemlich ähnlich ist. Er fühlt zwar, daß die von ihm verfochten« Annahme, die Strafe sei eine Con- sequenz des Princips der Retorsion, durchaus aufrechterhalten, zu Absurditäten führen würde, und beschränkt daher seine Theorie dahin, daß die Größe der Strafe der Größe des Verbrechens entsprechen solle, übersieht dabei aber nach unserer Ansicht, daß der Zweck der Strafe vielmehr sowohl in der Tilgung des Verbrechens durch Bekämpfung des widerrechtlichen Willen?, als in einer der Schuld angemessenen Genugthuung für das verletzte Recht zu bestehen hat. Dagegen halten wir für vollständig richtig, was er über die mannig-