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Proben gleichzeitiger Volkslieder über die Sempacher Schlacht : in neuhochdeutscher Uebertragung mitgetheilt.
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heißt es mit einer Art von Schadenfreude, die sich nur durch die grimme Siegeslust der Eidgenossen entschuldigen läßt:

Die Frau von Mümpelgarten

Und die von Ochsenstein,

Die mußten lange warten,

Bis die Männer kamen heim.

Hei! Sie sind zu Tod geschlagen;

Man hört's in ihren Landen

Gar jämmerlich beklagen."

Ferner werden genannt die Herrenab dem Rheine" undab dem Bo­densee", Werner. Schenk von Bremgarten. die von Rinach u. A.; von dem Zuzug der Städter, die also auch noch müssen in den Kampf gekommen sein, die von Schaffhausen, von Freiburg, von Lenzburg. Constanz, Zofingen :e. Die an sich verdächtige Episode von dem Herrn oder Herzog von Clee oder Gree, der mit seinem Knappen auf der Flucht von dem Fährmann Hans von Rot im Sempacher See ertränkt wurde, übergehen wir billig und schlie­ßen unsere Anführungen mit der Schlußstrophe des Halbsuterliedes:

Halbsuter unvergessen,

Also ist er genannt,

Zu Luzern ist er gesessen

Und allda wohl bekannt:

Hei! Er war ein fröhlich Mann!

Dies Lied hat er gemacht,

Als aus der Schlacht er kam."

Eine bürgerliche Familie Halbsuter ist aus der' Zeit der Sempacher Schlacht in Luzern nicht nachzuweisen; aber ein Halbsuter von Rot war Hintersasse der Stadt, und später ward einer, vielleicht dessen Sohn, einge­bürgert. Möglich, daß vor jenem ältern Halbsuter ein Sempacher Schlacht­lied existirte, das von dem Sammler nachmals in seine Compilation hinein­gearbeitet wurde und dann dem Ganzen den Namen geben mußte.

Werfen wir einen Blick zurück auf die gelieferten Proben, so werden wir, soweit die mangelhafte Nachbildung ihren poetischen Werth erkennen läßt, in ihnen den begeisterten Schwung der Darstellung und den Reichthum an groß­artigen, trefflich durchgeführten Bildern bewundern müssen. Ein eigenthüm­licher Reiz liegt in der, namentlich in den alten Liedern häufig angewendeten dialogischen Form, die der Darstellung eine außerordentliche Lebendigkeit ver­leiht und immer ein Kennzeichen alter, echter Volksepik ist.") Außerdem aber, und das ist das historisch Charakteristische an ihnen. spricht aus diesen Gesängen nicht nur ein stolzes Machtbewußtsein, eine mitunter über-

vgl. Wnckeuuigel. Poetik, herausgegeben von L. Sieber. S. 97).