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welche eine besonders energische und einsichtsvolle Finanzverwaltung besaß.") Was zunächst die geistlichen Stellen anlangt, so war von diesen das Pfarramt wie natürlich besonders reichlich ausgestattet. Der Pfarrer, der oberste Geistliche der Stadt, verfügte über einen stattlichen Pfarrhof und eine ausgedehnte Widemuth, zu deren Bewirthschaftung kurz vor der Reformation ein zahlreiches Gesinde und fünf Pferde erforderlich waren. Dazu kamen bedeutende Einkünfte aus den geistlichen Verrichtungen, die Stadtcasse selbst zahlte jedoch nichts. Freilich mußte der Pfarrer aus seinen Einnahmen auch den von ihm ernannten Prediger mit freier Station versorgen, auch den Caplänen, deren gewöhnlich fünf waren, und dem Rektor der Stadtschule freien Tisch gewähren; die Haupteinnahmen aber für diese untergeordneten Geistlichen wie für die zahlreichen, besonders zum Messelesen angestellten Al- taristen bestanden aus den in Görlitz gerade überaus zahlreichen und bedeutenden geistlichen Stiftungen und den Gebühren für geistliche Amtshandlungen, und das Predigeramt wenigstens galt für ein sehr gut ausgestattetes. Der erste Anfang zu einer festen Besoldung wurde zunächst damit gemacht, daß 1508 der damalige Pfarrer, Mag. Johann Schmidt, dem die Bewirthschaftung seiner Widemuth zu viel Arbeit und Sorge bereitete, diese um 24 Mark"") jährlichen Gehalts an die Stadt überließ. Eine vollständige Umgestaltung aller geistlichen Gehalte brachte die Reformation. Schon 1527 wurden die Kirchengüter zum guten Theile säcularifirt, und vor allem ging von den meist auf adliche Güter ausgeliehenen Capitalien der Kirche das Meiste verloren, weil die Edelleute sich weigerten, nach Aufhören der Seelenmessen, für deren Abhaltung jene Capitalien der Kirche einst gewidmet worden waren, die Zinsen zu bezahlen. So der Einkünfte aus den kirchlichen Stiftungen größten- theils beraubt, sah sich die städtische Geistlichkeit in finanzielle Abhängigkeit von der städtischen Verwaltung versetzt, diese aber sich genöthigt, die Gehalte des Clerus auf ihre Casse zu nehmen, d. h. sie zu fixiren.
Dies geschah zuerst i. I. 1330, nachdem die Pfarrstelle eingezogen und
") Ich bemerke, daß die folgenden Angaben theils aus den „Görlitzer Rathsannalen" des Joh. Haß (Lorivt. rsr. Imsat. n), theils aus handschriftlichen Aufzeichnungen jener Zeit geschöpft sind.
1 Mark (Zahlmark) ist gleich 1 fl. rhein. und enthält 24 gr. böhm oder 48 gr. Gör- "b°r Münze. Daneben kommt die Rechnung nach Schock Groschen vor. In den unter folgenden Angaben sind jedenfalls Görlitzer Schock zu verstehen, so daß 1 Schock: l Mark ^ 60: 48 Gr. oder ö: 4. 1 Gr. böhm. ist gleich 7 Pf. böhm. oder 14 Pf. Görl. 1 Gr. Gorl. h^,. Nach jetzigen Münzwerthen steht 1 Gr. böhm. etwa gleich 2'/z Sgr.
l Gr. Görl. also ist gleich 1'/« Sgr- Demnach beträgt 1 Mark damals ca. 2 Thlr. 1 Schock Gr. Görl. ca. 2-/2 Thlr. Freilich schwanken diese Worte beständig. Da der Durchschnittspreis des Scheffels Roggen damals etwa Mark - 1 Thlr. war, jetzt aber ca 5 Thlr. beträgt, so wird man nicht fehlgehen, wenn man für jene Zeit einen ungefähr fünffach hohe- ren Geldwerth annimmt. Danach sind jene GehnltSangaben j» bemessen.