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schen Kaiserthums haben wir uns bereits bei der ersten Anzeige dieses Werkes ausgesprochen. Im Besondern aber freuen wir uns, auch Angesichts der uns j.'tzt vorliegenden zweiten Lieferung dasjenige wiederholen zu können, was wir bei Besprechung der ersten Lieferung dem Verfasser und dem Künstler in Betreff der Auffassung und Ausführung ihrer Aufgabe an Lob spenden konnten. Einige tadelnswerthe Details berühren wir weiter unten. Die zweite Lieferung des Werkes enthält, wie die erste, nur zwei Kulturbilder: ein „Gastmahl bei Lucullus" (74 vor Christus) und ein „Hochzeitsfest im Römischen Karthago" (224 nach Christus). Der Sprung in der Zeit, der beide Schilderungen trennt, ist also diesmal ein gewaltiger. Im ersten Hefte lagen sich die Stoffe „ein Gladiatorenkampf und eine Thierhetze in der Arena zu Pompeji" (79 nach Christus) und „ein Wagenrennen im Circus Maximus zu Rom" (10 nach Christus) innerlich und zeitlich weit näher. Wir werden sehen, wie der Verfasser diesmal die mehr als dreihundertjährige Kluft, die zwischen dem Gastmahl bei Lucullus und der Karthagischen Hochzeit liegt, dem Leser zur Geltung bringt.
Das „Gastmahl bei Lucullus" ist eigentlich ein kleiner Staatsroman. Das Gastmahl ist hier ein Zweckessen in des Wortes verwegenster Bedeutung. Es wird dort nichts Geringeres fertig gebracht, als die Entsendung Lucull's als Oberfeldherrn in dem Kriegszuge gegen Mithridates. Daß dieser wichtigste und verantwortlichste Staatsposten der damaligen Zeit von dem Feldherrn, trotz des Widerstrebens der einflußreichsten Männer Roms, in Folge eines Gastmahls usurpirt worden, mag vielleicht der historischen Wahrheit nicht ganz entsprechen. Aber die Signatur der Zeit ist in diesem Motiv keineswegs übertrieben charakterisirt. Wer daran zweifelt, daß damals im weitesten Maße alle Staatsinteressen Roms Privaturtheilen und geheimen Privatintriguen dienstbar waren, der mag sich der colossalen Scandale erinnern, die sich an den Namen eines Verres, Catilina, Clodius u. s. w. knüpfen. — Folgen wir also der farbenreichen, lebendigen und doch gut stu- dirten Schilderung des Versassers. Zuerst tritt auf die cumäische Sybille. Lucullus bricht sich mit dem Schwerte Bahn durch Rosmarin und Tamarisken nach dem Eingang der Höhle, in der die fabelhafte Wahrsagerin ihr Wesen treibt. Denn der Aberglaube des verkommenen Geschlechts hält gleichen Schritt mit seiner Glaubenslosigkeit. In der schwarzen Höhle drin neben der rußenden Lampe sitzt Sybille, sich der Haare Geflechte lösend, und zur Dienerin, die ihr den Spiegel vorhält, spricht leise das Wsib: „Wohlan, Veleya, öffne nun des Adytos Krater, lasse die Dämpfe den Raum ausfüllen und wirf mir den Schleier um, Lucullus könnte sonst leicht seines Weibes Züge und Gestalt erkennen, denn nicht ahnen darf er, daß unter der Maske der Sybille seine