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Pariser Briefe.
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die bedeutendsten Staatsmänner es versichern, so muß es wohl wahr sein. Den Anfang hat der Cabinetschef Broglie selbst gemacht. Zur Einführung des neuen Mairegesetzes erließ er eine Jnstruction an die Präfeeten, welche ihrer politischen Thätigkeit als einzigen Hauptzweck die Unterstützung und Befestigung der Mac Mahon'schen Regierung auf die ihr durch den Beschluß der Nationalversammlung zugemessne Dauer vorzeichnete. Also wirklich 7 Jahre Republik und entschiedene Zurückweisung aller Bestrebungen, welche während dieser Frist an Stelle der Republik etwas anderes setzen möchten. Die Legitimisten fühlten sich betrogen; laut revoltirten ihre Blätter gegen das Broglie'sche Rundschreiben; sogar die gemäßigteGazette de France" verkündete kühn:s^ proroMticm sei-g. monareniciuo on sllö ne soi'n, pn,?." Wieder einmal bot sich damit der republikanischen Linken die Gelegenheit, den trennenden Keil in die monarchische Koalition zu treiben. Sie wurde benutzt. Eine von Gcimbetta und seineu Freunden gestellte Interpellation sollte Broglie zwingen, in offener Sitzung endlich einmal Farbe zu bekennen, den Standpunkt des Septenniums noch unumwundener darzulegen und den Bruch mit den Anhängern des Grafen v. Chambord vollständig zu machen. Die Nationalversammlung beschloß, die Interpellation sofort nach Beendi­gung der Debatte über die neuen Steuern auf die Tagesordnung zu setzen.

In welche Verlegenheit Broglie dadurch versetzt ward, liegt auf der Hand. Es mußte auf Mittel gesonnen werden, die gefährliche Klippe au« dem Wege zu schaffen. Ganz unerwartet übernahm der Präsident der Re­publik selbst die Rolle des «Ions <zx mmiiunn.. In einer bei einem Besuche des Pariser Handelsgerichts gehaltenen Ansprache gab er mit einer, dem Manne, der sich auf die Armee stützt, wohlanstehenden Zuversicht das Nersprechen, daß die Ruhe und die staatliche Ordnung für die nächsten 7 Jahre vollkommen gesichert sei. Nunmehr, meinten die Broglie'schen Organe, habe die Inter­pellation keinen Zweck mehr. Aber Herr Gcimbetta dachte nicht daran sie zurückzuziehen und so schwebt sie noch heute als Damoklesschwert über dem Haupte des Mcepräsidenten. Zugleich aber war durch die Mae Mahvn'scke Anrede die legitimistische Partei von neuem in Harnisch gerathen. Schleunig ließ sich Herr v. Broglie von einem Corresvondenten des LondonerDaily Telegraph" über seine Auffassung der Lage ausfragen und alsbald brachte das englische Sensationsblatt eine Wiedergabe dieser Unterredung, welche den Legitimsten allerdings neue Hoffnung gab. Natürlich säumte der edle Her­zog wiederum nicht, den Engländer gründlich zu desavouiren. Aber alle Welt wußte nunmehr dennoch, daß an der Broglie'schen Politik im Grunde nichts geändert war. Und nichts anderes hatte er beabsichtigt. Auch bei Beantwortung der Interpellation wird er sicherlich das eine Ziel verfolgen: die alte Zweideutigkeit bestehen zu lassen.