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Oesterreichische Ansprüche auf deutschen Reichsboden.
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noch bis zur Stunde nicht aufgegeben, ja principiell nicht einmal bestritten sind. Wir halten es an der Zeit, daß diese abnormen Verhältnisse einmal öffentlich diseutirt werden und wollen den Lesern dieser Blätter das Wichtigste darüber in kurzen Zügen vorführen, indem wir dabei uns eines vortrefflichen Aufsatzes als Grundlage bedienen, welchen Dr. Julius Pfeiffer auf Burkers- dorf, Mitglied der 2. sächs. Kammer und jetzt Vertreter des 1. sächs. Wahl- kreises im Reichstage, unter dem Titel:Das Verhältniß der Oberlausitz zur Krone Böhmen" im neuesten Hefte desNeuen Lausitzer Magazins" (Band 50, >. Heft) veröffentlicht hat.

Wie bekannt, erwarb Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen die Ober- und Niederlausitz definitiv im Frieden von Prag durch denTraditionsreceß" vom 30. Mai 1635. In diesem Doeumente aber hatte sich die Krone Böhmen, also damals das Haus Oesterreich, einige Rechte vorbehalten, welche die kursächsische Souveränetät in jenen Landschaften erheblich beschnitten. Der Kurfürst empfing sie nur als böhmisches Lehen, als einvornehmes Stück der böhmischen Krone", er versprach für sich und seine Nachkommen die katho­lische Kirche und ihre Stifter in der Lausitz aufrecht zu erhalten und in allen ihren Rechten zu schützen, derart, daß sie in geistlichen Dingen erimirt sein sollten a,d omni 8<;eulg.ri s<0 und daß dem Bautzener Domcapitcl die geist- liche Gerichtsbarkeit über die Angehörtgen beider Confessioncn erhalten bleibe, daß endlich den Königen von Böhmen das jus proteetioms über die katho­lische Kirche der Lausitz nach wie vor zustehen solle; er erkannte ferner das Recht der Krone Böhmen an, im Falle des Aussterbens des kurfürstl. sächsischen Mannsstammes und des damaligen altenburgischen MannsstamineS (der beiläufig bereits 1672 endete) die beiden Lausitzen gegen Zahlung von 72 Tonnen Goldes (etwa 800,000 fl. östr.) zurückzunehmen, im Falle des vollständigen Aussterbens aber beider Familien auch in den weiblichen Linien, die unentgeldliche Rückgabe zu fordern.

Da bei der Ausbildung der Landeshoheit zur Souveränetät die Bedeutung des Lehnsverhältnisses zu einem Schatten herabsank und der Nückfall der Landschaften an Böhmen in sehr entfernter Aussicht stand, so siel der Schwer­punkt des ganzen Vertrages offenbar auf die kirchlichen Verhältnisse. Aber man thut gut, auch die politischen Beziehungen und Aussichten nicht zu ver- gessen.

Während des ganzen 17. Jahrhunderts ist das böhmische Oberaufsichts­recht über die katholische Kirche gar nicht bestritten worden. Der (katholische) geistliche Administrator der Oberlausitz wurde vom Kaiser als. König von Böhmen ernannt, die Wahl der Dccane des Bautzener Domcapitels und der Aebtissinnen der beiden Klöster fand nur unter Assistenz von königl. böhmi­schen Kommissaren statt; noch 1733 hat sogar die katholische Gemeinde

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