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Briefe aus der Kaiserstadt.
Seite
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Menge verdienen. Und Unwürdige auf den Parlamentssitz zu erheben, wird schwerlich Jemand ein Bedürfniß haben.

Einen ganz eigenen Weg zur Beschleunigung der Reichsgesetzgebung schei­nen die Freunde in München einschlagen zu wollen. Fast sollte man glauben, sie wollten die Vorbereitung der legislativen Arbeiten des Reichs durch die Einzellandtage zur staatsrechtlichen Institution erheben, so lustig sprießen die Völk-Herz'schen Anträge, welche die künftige Civilrechtsgesetzgebung des Reichs zu beeinflussen suchen. Die Absicht dabei ist unzweifelhaft die beste von der Welt, aber wohin der Weg führt, das hat die Abstimmung der bairischen Ersten Kammer am Donnerstag gezeigt. Die Herren Reichsräthe beliebten eben in der Aufforderung an die Regierung, sie möge der Aus­dehnung der Rcichscompetenz auf das gesammte bürgerliche Recht ihre Zu­stimmung ertheilen, einen Antrag auf Abänderung der bairischen Verfassung zu erblicken und die Folge war, daß sie wegen Mangels der für solche An­träge erforderlichen Zweidrittelmajorität abgelehnt wurde. Damit haben die Herren Völk und Herz so ziemlich das Gegentheil von dem erreicht, was sie gewollt hatten. Der Gedanke, einem ähnlichen Manöver der bairischen Re­gierung, wie dasjenige, welches jüngst die sächsische Regierung in Bezug auf dieselbe Frage unternommen hatte, durch Stellung dieser Aufforderung zuvor­zukommen, dürfte höchstens dann ausgeführt werden, wenn man des Erfolges in beiden Kammern durchaus sicher war. Ganz besonders mußte man sich vorher vergewissert haben, daß die Verfechter der Theorie, als bedürfe eine die Versassungen der Einzelstaaten tangirende Erweiterung der Reichscompe- tenz der Sanction durch die Einzellandtage, eine unzweifelhafte Niederlage erleiden würden. In der Abgeordnetenkammer trat die Niederlage ein; in dem Votum der Reichsräthe dagegen hat jene Theorie implicite gesiegt. Damit ist ein Präcedens geschaffen, auf welches der bairische Particularis- mus immer zurückkommen wird. Und was ist die unmittelbar praktische Folge des ganzen Verfahrens? Die beiden gleichberechtigten Factoren des bairischen Landtags haben die Regierung beim Arme gefaßt: der eine zieht sie vorwärts, der andere hält sie zurück. Im gewöhnlichen Laufe der Dinge hieße das entweder die Regierung vernichten, oder sie zur Unthätigkeit ver­dammen. Glücklicherweise hatte das Ministerium schon vorher seine Position genommen, so daß in dieser Richtung eine unheilvolle Wirkung des Be­schlusses der Reichsräthe überhaupt nicht zu befürchten war. Genutzt hat also der Völk-Herz'sche Antrag gar nichts, wohl aber muß er zur Folge haben, daß die verfassungsmäßige Ministerverantwortlichkeit verdunkelt und das Ansehen des Landtags geschädigt wird. Und damit ist das Verfahren der Jnstructionsertheilung seitens der Landtage an die Regierungen, resp, der Instructionseinholung seitens der Regierungen von den Landtagen, in Betreff