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Accessionserfahrungen im Fürstenthum Waldeck :
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Angesichts dieses Bildes, denken wir, werden die Anfangs so zahlreichen Lob­redner des Experiments wohl verstummen. Möchte Waldeck wenigstens die Genugthuung beschieden sein, mit seinen schlimmen Erfahrungen Anderen als warnendes Beispiel gedient zu haben.

Iriefe aus der Kaiserstadt.

Berlin, 7. December.

Es war doch eine kleine Ueberraschung, als uns derReichsanzeiger" am letzten Montag die Auflösung des Reichstags und die Anberaumung der Neuwahlen auf den 10. Januar verkündete. Gerade in den letzten Tagen vorher war noch vielfach der Wunsch laut geworden, diesen Termin bis nach dem Schluß der gegenwärtigen Session des preußischen Landtags verschoben zu sehen. Ohne Zweifel wäre den liberalen Parteien damit sehr gedient ge­wesen. Wer sich auf den Mechanismus des staatlichen Verwaltungsapparats oder auf die noch wirksamere Organisation der eoelosia milit.a,r>8 stützen kann, mag freilich in jedem Augenblicke zur Aufnahme des Wahlkampfs bereit sein. Wo aber die Bewegung lediglich durch die Selbstthätigkeit der Staatsbürger in Gang gebracht werden muß. bedarf es erfahrungsgemäß ziemlich langwie­riger Arbeit um die mannichfachen Hindernisse aus dem Wege zu räumen, Hindernisse, die sich verdoppeln und verdreifachen, wenn die Kräfte soeben erst in einem aufregenden Wahlkampfe ermüdet und die Hauptmotoren durch die Theilnahme an den Einzellandtagen ihren heimischen Wirkungskreisen entrückt sind. Dennoch wird zugegeben werden müssen, daß, wenn man auf eine Reichstagssession im bevorstehenden Frühjahr nicht überhaupt verzichten wollte, ein anderer Weg. als der von der Regierung eingeschlagene, kaum übrig blieb. Angesichts der großen Aufgaben, welche der gegenwärtigen Tagung des preu­ßischen Landtags zugedacht sind, deren Inangriffnahme jedoch durch unabän­derliche Hindernisse über alles Erwarten verzögert wird, ist kaum abzusehen, wie unsre Landboten vor Mitte, frühestens Anfang März in die Heimath sollten entlassen werden können. Alsdann aber erst eine mehrwöchige Wahl­agitation beginnen, hieße unter allen Umständen: die Reichstagssesston wieder in den Beginn des Sommers hinein erstrecken, wogegen bekanntlich der all­gemeinste Widerwille besteht. So wird man sich denn bequemen müssen, dies­mal in den Weihnachtsferien den behaglichen Frieden des Hauses mit dem Getümmel der Mobilmachung zu vertauschen. Der Umstand, daß die Ver-