349
nen. Ader auch dieser Ton fand keinen Wiederhall. Wir unterlassen nicht, aus Anlaß dieser neuesten Diatribe Mohl's, die Mittheilung zu machen, daß letzterer so eben in einem Brief an seine Wähler erklärt hat, aus persönlichen Gründen ein Mandat für den nächsten Reichstag nicht annehmen zu können.
Auch das Postreservatrecht kam in den letzten Tagen zur Sprache. Auf eine durch verschiedene Correspondenzen in auswärtigen Blättern veranlaßte Interpellation aus dem volksparteilichen Lager desavouirte unser neuer Verkehrsminister, indem er in bereits bekannter Weise seine Geringschätzung der Presse aussprach, die umlaufenden Gerüchte aufs bestimmteste. Der Zweck der Interpellation, aus der Frage politisches Capital zu machen, wurde jedoch dadurch vereitelt, daß gerade von nationaler Seite mehrere Stimmen sich für Beibehaltung der württembcrgischen PostVerwaltung in nächster Zeit aus- sprachen. Für die Folgezeit bleibt. — und auch die Aeußerung des Herrn von Mittnacht beschränkte sich sehr deutlich auf die Vergangenheit — natürlich die Frage nach wie vor eine offene. Den Ausschlag wird schließlich die pecuniäre Seite der Sache geben. Zur Zeit fehlt es aber noch ganz an einer zuverlässigen Grundlage für die Berechnung des Ertrags unserer Post. (Die Telegraphenverwaltung leidet schon bei der jetzigen Rechnungsmanipulation an einem Deficit). Post und Eisenbahn sind bezüglich des Betriebs so eng mit einander verbunden, daß alle bisherigen Berechnungen, auch diejenigen der officiellen Rapporte, auf ganz willkührlichen Suppositionen beruhen und völlig werthlos sind. Eine sichere Grundlage hiefür zu gewinnen, wird erst dann möglich sein, wenn man einmal weiß, was das Reich für die Benutzung der württembergischen Bahnen zu Postzwecken etwa zu bezahlen geneigt wäre. Ucbrigens zweifeln wir nicht, daß der neue Verkehrsminister bemüht sein wird, künftighin über den wahren Ertrag der württembergischen PostVerwaltung, welcher bisher tendenziöser Weise hinaufgeschraubt wurde, ein möglichst Helles Licht zu verbreiten. Bei der Telegraphenverwaltung prävaliren schon jetzt die Vortheile des Reichsinstituts, wenn man auch nur die Bewahrung des Telegraphengeheimnisses ins Auge faßt, welches trotz der anerkennungswerthen Bemühungen der Aufsichtsbehörde bei der eigenthümlichen localen und persönlichen Beschränktheit der schwäbischen Verhältnisse mit dem vorhandenen Personal aufrecht zu erhalten, fast unmöglich ist. —
Eine lebhaftere Debatte entwickelte sich über die Diäten der Reichstagsabgeordneten. Der bisher der nationalliberalen Fraction des Reichstags ange- hörige Abgeordnete Schmid hatte nämlich gemeinsam mit Abgeordneten aller Fractionen der Ständekummer an die Regierung die Bitte gerichtet, sie möchte im Bundesrathe darauf hinwirken, daß den Reichstagsabgeordneten neben der Reisekostenentschädigung entsprechende Diäten gewährt werden. In der Debatte, welche von dem vorerwähnten Antragsteller mit ganz besonderer