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namentlich aber von Feldkirch und Bregenz, aus. (Bei den famosen Exercitien des Paters Löffler an letzterem Ort befanden sich unter 107 Weltpriestern aus 6 Diöcesen nicht weniger als 39 aus der Diöcese des Herrn von Hefele!) So wird die Reichstagswahl nicht wenig dazu beitragen auch hier Klarheit in die Situation zu bringen. Inzwischen beräth unsere Ständekammer mit gewohnter Weitschweifigkeit das Etatsgesetz. Ueber ihre Debatten im einzelnen zu berichten/ dürfte kaum die Mühe lohnen. Bezeichnend für ihre ganze Thätigkeit ist die Selbstgefälligkeit, mit welcher hier die unberufensten Leute, über alles und jedes sprechen, auch wenn sie von der Frage nicht das geringste verstehen: Die Bierbankpolitik feiert hier ihre höchsten Triumphe. Wurde doch der Kultusminister sogar wegen eines Schoppen Biers interpel- lirt, den ein Seminarist unbefugter Weise getrunken, und der Minister gab eine ausführliche Vertheidigung, der Beobachter aber beschäftigte sich noch Wochen lang mit dieser Cabinetsfrage. Natürlich unser Landtag verzieht ja Diäten, und wie Pfeifer neulich nachgewiesen, sind fast 40°/o unserer Abgeordneten in Stuttgart domicilirt, und in der Lage, ihrem anderweitigen Lebenserwerb neben der ständischen Thätigkeit nachzugehen.
Interessant sind nur die Erörterungen, welche auf die Stellung zum Reich Bezug haben.
Obgleich schon in letzter Session die Abgeordneten-Kammer sich mit großer Mehrheit für den Lasker'schen Antrag ausgesprochen, und obgleich selbst in den Kreisen der Volkspartei und der Particularisten, so weit das Urtheil von Fachmännern in Frage steht, Angesichts des traurigen Zustands unserer Particulargesetzgebung, jeder Widerspruch gegen die Schaffung eines deutschen Civilgesetzbuchs mehr und mehr verstummt, fand sich doch Moritz Mohl veranlaßt, bei Gelegenheit der Berathung des Justizdepartements eine Frage gegen den Antrag einzulegen. Da Mohl nicht Jurist von Fach ist, ihm auch sonst jede nähere Kenntniß der privatrechtlichen Zustände unseres Landes abgeht, so hatte man es natürlich nur mit völlig werthlosen allgemeinen Phrasen zu thun, welche höchstens von dem Hasse zeugten, welchen dieser Redner gegen den ganzen Juristenstand, insbesondere aber die Advokaten und das Notariat hegt — das als trefflich erprobte bayrische Notariatsinstitut beliebte er ganz allgemein einen Mäusefraß zu benennen! — Herr von Mittnacht beschränkte sich auf die Bemerkung, daß er im Laufe der Session der Kammer nähere Mittheilung über den jetzigen Stand der Frage machen werde. Die Ständekammer fühlte kein Bedürfniß sich auf eine weitere Debatte über die Mohl'schen Expeetorationen einzulassen. Nur Probst vom schwarzen Centrum glaubte, ohne im Uebrigen seinem juristischen Bewußtsein etwas zu vergeben, eine weheklagende Bemerkung über das oberste Reichsgericht und die Hemmung unserer Rechtsentwickelung durch das Reich nicht zurückhalten zu kön-