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gemacht; auch sollen hervorragende Mitglieder der royalistischen Partei sich.in ihrer Erbitterung haben hinreißen lassen, die Handlungsweise ihres Könige! und Herrn in ganz unparlamentariscken Ausdrücken zu qualificiren. Von der geträumten monarchischen Restauration kann natürlich für jetzt keine Rede sein, aber die definitive Constituirung der Republik, die unvermeidlich, war, wenn die Rechte bei der Abstimmung der Linken unterlegen wäre, kann unter den jetzigen Verhältnissen auch nicht erlangt werden, und es bleibt also nur die Verlängerung des Provisoriums übrig. In der That ist, nachdem die Parteien sich von der ersten Betäubung erholt haben, die Verlängerung der Präsidentschaft Mac Mahon's das Losungswort, und es unterliegt keinem Zweifel, daß dieselbe mit enormer Majorität votirt und auch vom Marschall angenommen wird. Kann aber die Nationalversammlung einen Präsidenten über ihre eigene Existenz hinaus ernennen, ihn also von der nächsten Nationalversammlung unabhängig machen, ohne ihm damit die Rechte eines Königs, .z. B. das Recht der Auflösung, zu verleihen, kurz ohne eine vollständige Verfassung ohne „Lücke" zu machen? In wenigen Tagen werden wir sehen, welche Projekte die fieberhafte Thätigkeit, die die Parteien in diesen Tagen entfalten, gezeugt haben wird.
Graf Chambord, der nun wieder schlechtweg Graf Chambord ist, weil er durchaus nicht Heinrich V. sein will, soll einmal als Kind, als ihm Jemand sagte, er werde einst Heinrich V. sein, geantwortet haben: nein, das wolle er nicht, er wolle lieber Heinrich IV. Nr. 2 sein; aber wie es scheint, hat diese Verehrung sehr nachgelassen, denn in dem neuen Brief kommt der Urahn schlecht weg. Es wird von seiner ,MbiIet6" gesprochen, und dieses Wort wird in der Politik gewöhnlich nur im schlechten Sinne angewandt, so z. B. als wenn man von Mcicchiavel oder Talleyrand spräche. Es liegt etwas Wegwerfendes darin, was mit dem deutschen Wort „Geschicklichkeit" nicht genügend wiederzugeben ist. In freier Uebersetzung kann man die Phrase etwa so wiedergeben: „Heinrich IV. war ein geriebener Kerl, dem alle Mittel gut waren, wenn sie zum Ziele führten, aber ich bin ein ehrlicher Mann, und danke Gott, daß ich nicht bin wie jener." Dies ist vielleicht eine etwas üppige Uebersetzung eines einzigen Wortes, aber wenn Chambord nicht die Absicht gehabt hat,- damit dem Gründer seiner Dynastie einen Hieb zu versetzen, so ist der Ausdruck sehr unglücklich gewählt.
Der Brand der Oper wird nicht verfehlt haben, auch in Deutschland lebhafte Theilnahme zu erregen, denn wer kannte nicht, wenigstens dem Namen nach, die Pariser Oper l Es handelt sich zwar nur um ein altes Haus, welches in einigen Jahren doch weggerissen worden wäre, aber die Zerstörung des unendlichen Materials und besonders die plötzliche Betriebsstörung einer Anstalt, von der gegen 800 Personen direct in Nahrung gesetzt werden, ist immerhin