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Deutschland und die französische Restauration.
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Deutschland und die französische Aestauration.

Der Brief des Grafen Chambord vom 27. October scheint vorläufig den Restaurationeplänen einen Schlag versetzt zu haben, von dem man nicht be­greift, wie sie sich von ihm erholen können. Indeß, die Welt weiß nachgerade, daß in Frankreich das Unmögliche das Wahrscheinliche ist. Sowie die Fran­zosen schaarenweise zu durchstochenen Herzen und anderen Reliquien pilgern, um sich von physischen Uebeln befreien zu lassen, so kommen sie vielleicht da­hinter, daß ein an Geist gelähmter Mann, der nichts kann, als alle Tage dasselbe Wort wiederholen, der geeignete Helfer ist. sie von allen moralischen Uebeln zu retten. Wenn die Franzosen angefangen haben, auf eine Vorstel­lung zu verfallen, so greifen sie nach dem Gegenstand derselben um so unge­duldiger, je mehr er sich ihnen entzieht. Vielleicht senden sie noch Deputa­tionen, um Heinrich V. fußsällig zu bitten, daß er sich nur Frankreichs erbarmen möge. Die Franzosen können am wenigsten das Provisorium vertragen. Sie lechzen beständig nach einem Desinitivum und stellen ein solches nach jeder Umwälzung mit der größten Eile her. Aber freilich, da ihnen kein Desini­tivum auf die Dauer genügt, so geschieht die Herstellung jedesmal mit dem Vorbehalt der Revolution. Vorläufig nun ist kein Definitivum aufzutreiben als Heinrich V. Das läßt seine Aussichten nicht verschwinden, obwohl der Mensch alle Tage eine neue unnöthige Tollheit begeht. In dem Brief vom 27. Oktober hat er eigentlich nur die dreifarbige Fahne verweigert. Sehr möglich, daß er das Lilienbanner endlich durchsetzt, und gleich darauf jede Vereinbarung einer Verfassung verweigert, indem er viel zu thun glaubt, wenn er in Aussicht stellt, eine solche zu octroyiren.

Wie dem nun sei, jene allzuklugen Leute haben sich geirrt, welche tadelten, daß Deutschland sein Mißfallen an der Restauration nicht verhehle. Sie meinten, dieses Mißfallen allein werde hinreichen, daß die Franzosen Hein­rich V. im Triumph nach Paris und von da nach Nheims zu der wo mög­lich vom Papst zu vollziehenden Krönung geleiten würden. So ist es nun doch nicht gekommen. Das Fieber, in dessen Phantasien die Franzosen im­mer stärker nach ihrem Roy die Arme ausstrecken, durchläuft seine gesetzlichen Stadien, auf welche die Unzufriedenheit Deutschlands keinen beschleunigenden Einfluß übt. Außerdem aber ist wohl die Frage aufzuwerfen, ob die Stel­lung Deutschlands derart ist, dem deutschen Volke und seiner Regierung eine unwürdige Heuchelei aufzulegen. Wir sollten thun, als wäre uns die Auf­richtung eines französischen Königthums durch die Klerikalen, durch unsere schlimmsten und ungeduldigsten Feinde, gleichgültig oder gar erwünscht? Wahr­lich, ganz Europa würde hinter dieser, jedem Kinde durchsichtigen Maske Zag­haftigkeit und Schwäche oder den äußersten Mangel an politischem Urtheil