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den breiten Spiegel des Tcmganjikasees vor sich aufblitzen. Wieder wird die Flagge der Vereinigten Staaten entfaltet, wieder knattern die Salven der Leibwache; eine große Menschenmenge strömt dem neuen Ankömmling entgegen; aber hastig windet er sich durch und nun steht er endlich vor dem abgemagerten, in Noth sich befindenden großen Reisenden, dem er Hülfe bringt, den er entdeckt hat. Wie die Männer sich begrüßten, haben die Zeitungen uns schon lange erzählt. Von Bagamojo aus war der unternehmende Correspondent gerade 236 Tage unterwegs gewesen.
Die Schilderung seines Zusammenlebens mit Livingstone in Udschidschi weiß Stanley äußerst lebhaft und malerisch zu geben. Das „Postpacket" für den Doctor, das ein Jahr lang in Unjanjembe gelegen, wurde übergeben und der so lange von der Außenwelt Abgeschlossene hörte zum ersten Male von den großartigen Umwälzungen, die in Frankreich und Deutschland stattgefunden; er las Briefe von Freunden und Kindern, fragte lebhaft nach diesem und jenem, die Araber sandten Reis und Huhn und Stanley ließ den Kork der letzten ausgesparten Flasche Champagner springen. Der kranke, heruntergekommene Mann, dessen Magen kaum noch eine Tasse Thee vertragen konnte, begann nun wieder mit Appetit civilisirte Speisen zu essen, er entwickelte einen Löwenhunger, kräftigte sich allmählich und rief einmal über das andre: „Sie haben mich zu neuem Leben gebracht!" Von Livingstone spricht Stanley durchweg mit der größten Hochachtung; während er gerne anderen Leuten, von denen er zu berichten hat, Eins anhängt. So halten wir seine Mittheilungen über den verdienstvollen englischen Consul in Sansibar, Dr. Kirk, dem früheren Reisegefährten Livingstone's, für durchaus verfehlt.
Stanley erzählt uns, daß er Livingstone „als ein großes Item für seine Zeitung betrachtete. Ich beabsichtigte eine Unterredung mit ihm zu halten, alle Einzelheiten, die er sagte, zu berichten, sein Leben und seine Person zu schildern, dann au rsvoir zu sagen und zurück zu marschiren." Aber aus dem bloßen Zusammensein und Reisen mit Livingstone entsprang allmählich eine Freundschaft, eine Hochachtung für das „große Item", wenn auch Stanley stets als gewissenhafter Reporter darauf bedacht war, Alles, was Livingstone sagte, stenographisch niederzuschreiben. Die Expedition war ja ein commer- cielles Unternehmen, kühn geplant, tüchtig, voller Energie und muthvoll ausgeführt. Uebrigens machte sie sich bezahlt, denn der Verleger des New-Uork- Herald taxirte den directen Nutzen, den er durch Stanley's Berichte gewann, auf nicht weniger als 80,000 Dollars.
Stanley schildert den Mann, um dessentwillen er die große Reise unternommen, folgendermaßen: Dr. Livingstone ist etwa 60 Jahre alt, obgleich er, als er sich wieder erholt hatte, wie einer aussah, der eben erst die fünfzig überschritten hat. Sein Haar ist noch bräunlich, beginnt aber an den Schläfen