Beitrag 
Zur neuesten deutschen Geschichte. I. : Bunsen.
Seite
87
Einzelbild herunterladen
 

87

Lage und wie sollte man den offenen Rebellen jetzt strafen? Bunsen vertrat die schärfste Maßregel. Auch auf seinen Rath erfolgte die Verhaftung und Wegführung Droste's. Nun aber entsprach es sofort dem Character dieser Rathgeber, daß man einlenkte; nachdem man den Bischof tödtlich beleidigt, hatte man diese That in Rom zu erläutern resp, zu rechtfertigen. Dazu machte sich Bunsen wieder auf den Weg. Unterwegs besprach er sich auch mit Metternich: die ganze Ueberlegenheit Metternich's über den diplomatischen Dilettanten zeigt uns Bunsen's eigener Bericht; selbst eine Blöße thatsächlich falsche Informationen zu besitzen wußte der österreichische Staatskanzler so zu verdecken, daß er Bunsen ganz gewaltig imponirte. Und nun erfolgte die erste persönliche Demüthigung Bunsen's. Trotz der fulminanten Kriegser­klärung des Papstthums gegen Preußen am 10. Dezember 1837 ließ er sich zu begütigenden Vorstellungen verführen; er glaubte immer noch eine Aus­söhnung der Gegensätze anbahnen zu können. Persönlich war seine Stellung unhaltbar geworden, er erhielt die erbetene Entlassung, für.ihn mußte dies Resultat eintreten, ebenso wenn man energisch weitergehen, als wenn man nachgiebig einlenken wollte. Es ist bekannt, wie von da ab immer offenkundiger die Principlosigkeit in Berlin Platz griff, wie man von einer Position zur anderen zurückging, bis zuletzt der unstaatliche Sinn des neuen Königs Fried­rich Wilhelm's IV., dessen unheilvoller Einfluß als Kronprinz schon manches verschuldet, die Niederlage vor der Curie untersiegelte. Auch zu diesen letzten Entschlüssen war Bunsen herbeigezogen worden. Wohl war er bemüht ge­wesen, das nackte Msr xgeeavi zu hindern, der factischen Nachgiebigkeit hatte er zugestimmt. Wie man einmal diese Dinge behandelt und verfahren hatte, durfte man froh sein ohne neuen öffentlichen Schimpf davonzukommen.

Fassen wir unser Urtheil zusammen. Bunsen's Antheil an dem Conflicte des preußischen Staates mit der römischen Curie giebt ihm nicht das Recht des staatsmännischen Lorbeers. Wir verkennen nicht, daß er einer verbrei­teten Anschauung huldigte, wenn er das Einvernehmen mit dem Papstthums, die Cooperation clericaler Tendenzen mit der preußischen Verwaltung anstrebte. Wir heben ausdrücklich noch einmal hervor, daß aus seinen Aufzeichnungen sich manche Aeußerungen beibringen lassen, welche von seiner theoretischen Ein­sicht in die Natur des Jesuitismus Zeugniß ablegen. Aber alles das mildert doch nur wenig das Schlußurtheil, daß seine Methode der practischen Behand­lung dieser schwierigen Dinge die preußischen Interessen nicht wenig geschädigt hat. Gerade bei entscheidenden Momenten dieser Geschichte sehen wir, wie sein dilettantisches Ungeschick, seine optimistische Einbildungskraft das Fehl­schlagen der Verhandlungen herbeigeführt oder wenigstens erleichtert hat. Auf uns wenigstens hat die aufmerksame Lecture seiner Biographie immer stärker den Eindruck gemacht, wie wenig Bunsen gerade für die diplomatische Seite