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mehrmals ärgerlich mit dem Fuß aufstampfte und allerlei unverständliche Ausrufe that, während Kaulbach längst schon wieder ruhig weiter kreidete. Endlich ergriff der greise Herr einen alterthümlichen Stuhl, der in der Nähe der Staffelei stand, und eiferte laut fort, wie im Selbstgespräch: „Die Reformation malen! Und gar noch für Berlin! Wissen Sie, und damit Sie sehen, wie unparteiisch und objectiv ich bin: ich habe dem Großherzog von Weimar gerathen, die Reformation und ihre Zeit auf der Wartburg zu verherrlichen; dorthin gehört ihre Glorification, dort hat sie doch wenigstens historischen Boden, von dort ist sie ausgegangen. Aber was will man mit der Reformation in Berlin? Wie kommen diese historischen Parvenus zur Reformation? Wie unterstehen sie sich, deren geistige Bedeutung sich anzueignen, um ihrem Militärstaat auch diesen Nimbus zu verleihen? Und dazu giebt sich ein Kaulbach her! Auf die Wartburg gehört die Reformation, auf die Wartburg, oder auch nach Wittenberg meinetwegen.... aber nach Berlin! . . .
Und der greise König war in so unglaubliche Erregung gekommen, daß er den Stuhl mit beiden Händen an der Lehne faßte und ihn so heftig zu Boden stieß, daß er krachte und fast in Trümmer ging. Dann machte er plötzlich halb rechts, zog sich den Hut ins Gesicht und ging, ohne weiter zu grüßen, mit hastigen Schritten davon. Man sah ihn hinter den Bildern verschwinden und hörte noch, wie er die Flügelthür heftig hinter sich zuwarf...
Aus diesen wenigen Anekdoten kann man sich ein besseres Bild des Königs construiren, als aus all den Panegyrikern, welche ihn in gereimter und ungereimter Rede besungen.
Karl Braun.
Der Verkauf von H. A. Weigel's Sammlung.
«Deutschland hat in den Zeiten seiner Erniedrigung, besonders in den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts, aber auch noch bis vor Kurzem, eine große Zahl der bedeutendsten und wichtigsten Denkmäler deutscher Culturgeschichte, insbesondere Werke der Kunst und der Kunstindustrie, an das Ausland abgegeben, weil das an und für sich durchaus nicht arme Land durch fremde Heere ausgesogen und durch lange Kriege erschöpft, feine Mittel auf Beschaffung des Nothwendigsten beschränken mußte, daher für Zwecke mehr idealer Natur, für Wissenschaft und Kunst, in Betreff der disponiblen Geldmittel mit dem Auslande, besonders England und Frankreich, in der neuesten