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Eine Maskencavalcade zu Weimar am 13. März 1783
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Line MlsKenccwalcade zu Weimar am 13. März 1783.

Die Geburt des Erbprinzen am Morgen des 3. Februar 1783 hatte den Hof und ganz Weimar in höchste Freude versetzte Fastnacht ging diesmal ungefeiert 'vorüber, wenn auch die Redoute am Fastnachtdienstag, den 4, März, recht heiter war. Sonntag den 9. sand der Kirchgang der Herzogin statt, bei welchem verschiedene Festzüge sich belheiligten; nach der Tafel erschien ein ländlicher Zug mit Huldigungsgaben, am Abende wurde bei Hofe Wieland's Festcantate aufgeführt. Ein 'Fackelzug der herzoglichen Jagerei zu Pferde und einer der Jenaer Studenten brachten Ständchen. Den 11. führte der Herzog die berittenen Jäger mit ihren Meuten und Wagen voll Jagdgeräthe und Trophäen bei Fackelbeleuchtung und Musik durch die Stadt.^Man weiß noch, daß am 13. ein öffentlicher Nitteraufzug und Eavalcade in Maskenkleidern veranstaltet wurde, von dem aber selbst Riemer nichts weiter bekannt ist, da davon weder in den Briefen der Zeit noch in Goethe's Tagebüchern irgend etwas verlaute, was ihm zum Beweise dient,wie zu wenig man damals für dergleichen Jmproptus eingenommen war, um ihnen mehr als die Dauer des Augenblicks zu gönnen." Wir sind im Stande, diese Lücke auszufüllen, da uns eine vollständige Liste vorliegt, nach welcher an dem Zuge sich 139 Per­sonen mit 89 Pferden betheiligten.Viele Kenner sagten damals", heißt es am Schlüsse derselben,daß dergleichen Nitteraufzüge wegen Glanz und Schön­heit noch nicht gesehen worden." Auch Goethe,, der das zur Festfeier bestimmte Theaterstück nicht hatte zu Ende bringen können, nicht einmal ein Festgedicht beigesteuert hatte, durfte sich der Eavalcade nicht entziehen.

Auf einen türkischen Vortrabreiter folgten Noßschweife, angeführt vom Stallmeister Böhmen, der auch türkisch gekleidet war. Ein zweites Corps führte der Herzog selbst, der einen Dolman von Drap d'or, mit Hermelin ausgeschlagen, und ein Unterkleid von Drap d'argent trug; sein Pferdezeug war aus türkische Art sehr reich garnirt. Daneben gingen Janitscharen und Andere mit Fackeln. Ein beleuchteter Wagen mit Pauken und Trompeten schloß sich an. Darauf erschien der Kammerjunker Ludwig von Schardt. der jüngere Bruder der Frau von Stein, als Carneval,gekleidet, wie man die Thoren und Hofnarren im Mittelalter gemalt findet^ auf einem mit Schellen behängten Pferde." Ihm folgten Scapin (Major v. Fritsch), Pierrot (Kammerherr v'. Einsiedel) und Polichinell (Kammerherr Franz v. Seckcndorf); vor dem letzteren gingen vier Polichinelle zu Fuß und ebenso viele ritten hinter ihm, alle weißgekleidet mit rother Einfassung. Auf der Bühne zu Ettersburg hatten Goethe und Einsiedel im Jahre 1781 zu allgemeinem Ergötzen Scapin und Pierrot gespielt. Der Oberstallmeister v, Stein 'erschien darauf als Winter in einem langen mit Eis und Reif verbrämten Kleide «uf einem mit weißen Bärenfellen behängten Pferde. Zu seinen Seiten gingen als Fackelträger Hermelinfänger und grönländische Bauern, hinter ihm ritt gleichfalls mit einer Fackel ein Lappländer. Herr v. Stein hatte schon im Fedruar 1781 in dem nach Goethe's Erfindung aufgeführten großen Maskenzuge des Winters die Rolle des letzteren übernommen, und dieser Aufzug hatte so ausnehmend ge­fallen, daß er im folgenden Jahre wiederholt wurde. In diesem Maskenzuge waren auch Carneval, Scapin und Scapine, Pierrot und Pierrotte er­schienen, und auch die hier als Fackelträger den Winter begleitenden Personen möchten dabei nicht gefehlt haben. Als Ritter in altniederländischer Tracht