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ten aber empfehlen sich uns auch insofern, als man wissen will, die schwedische Majestät habe bis vor Kurzem Gewohnheiten gehuldigt, welche wohl zeit- weilig das eine und das andere Gefühl, z, B. das Selbstgefühl, zu steigern geeignet sind, das Urtheilsvermögen aber weniger zu schärfen Megen und mit dieser Eigenschaft bisweilen Kundgebungen hervorrufen, die besser unterblieben.
Sei dem aber, wie ihm wolle, die unfreundliche Stimmung des Königs gegen Deutschland ist Thatsache, und wäre Schweden noch der gefürchtete Degen, der den Frieden von Altranstädt erzwäng, wäre es noch in der Verfassung und Lage, irgend einem Stulpenstiefel gleich dem, welchen Charles Douze einst zum Ministerpräsidenten zu ernennen geruhte, gehorchen zu müssen, so ließen sich Fälle denken, in denen man sich bei einer Hauptfrontrichtung nach Westen auch nach Norden umzusehen ernste Veranlassung hätte. Wie die Dinge sich gemacht haben, ist dem zum Glück nicht so. Der Stulpenstiefel des vorigen Jahrhunderts ist einer constitutionellen Verfassung gewichen, und die Schweden sind friedliebende Ackersleute. Schiffer und der Handlung Beflissene geworden, die sich für Niemandes französische Liebhabereien, für Niemandes Velleitäten nach militärischer Gloire in Streit zu stürzen und in Kosten zu setzen gewillt sind, und die sich mit jener Verfassung dergleichen Liebhabereien und Velleitäten, wenn man sie in Thaten umzusetzen Miene machen wollte, vom Leibe zu halten wissen würden.
Sehen wir uns den jetzigen schwedischen Minister des Auswärtigen an, so könnte man die Wahl desselben, wenn sie,nicht als wenigstens theilweise aus Berücksichtigung jener friedlichen und vorwiegend deutschfreundlichen Stimmung der schwedischen Nation hervorgegangen zu deuten wäre, für die Widerlegung unserer Klage verwenden. Graf Platen, seit vorigem Spätherbst auf seinem Posten, in Stralsund geboren, wo sein Vater in der schwedischen Zeit Gouverneur war, lange Jahre Seemann gewesen, eine offene und gerade Natur, sehr angesehen im Lande, zu dessen größten Grundbesitzern er gehört, hegt keinerlei Feindschaft gegen Deutschland. Im Gegentheil, er ist uns nach seinen Jugenderinnerungen sympathisch zugewandt.
Der König dagegen ist anderen Sinnes, und wiederholt hat es ihn gedrängt, dies kundzugeben. Zunächst geschieht das durch eine Bevorzugung der am Stockholmer Hofe beglaubigten Vertreter Frankreichs vor allen anderen Diplomaten, die so auffällig ist, daß sie auch dem Publicum nicht entgeht. Diese Herren, der Geschäftsträger Graf Montholon und die Attaches Benedetti und Hauterive, verkehren mit dem König wie intime Freunde und werden von ihm auf Bällen und Soireen auf jede Weise ausgezeichnet. Der Monarch unterhält sich bei solchen Gelegenheiten fast ausschließlich mit ihnen, zieht sich mit ihnen zurück, und wenn vor einigen Wochen auf einem Ball beim Prinzen Oskar der eine der Attache's in der Uniform eines Pariser