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Deutschland jetzt vertragsmäßig dem Tyrannen zur Heeresfolge darzubringen.*)
Bon ganz besonderer Wichtigkeit für Napoleon wurden von diesem Augenblicke an die Polen. — Dem Herzogthume Warschau wurde auferlegt,neben der einzuführenden Nationalgarde ein Heer von 30,000 Mann zu errichten, um als wirksamer französischer Vorposten gegen Rußland und Oestreich zu dienen, und ein großer Theil dieser Armee hat seit dem 1. April 1807 ununterbrochen auf allen Schlachtfeldern Napoleons sein Blut vergossen: so namentlich mehrere Artillerie- und Sappeur-Bataillone, vier Regimenter lithauischer Lanzenreiter, ein Regiment reitender Jäger und ein Husaren-Regiment, welches 1809 definitiv in die französische Armee aufgenommen wurde. Aber auch schon 1807 vermehrte Napoleon die unmittelbare Armee des Kaiserreiches durch ausgezeichnete polnische Truppen. Schon früher haben wir von den unter Dombrowski errichteten polnischen Legionen gesprochen. Aus ihren Trümmern stellte der Kaiser nun die lögion polÄceo-iwIiöimö zusammen, welche im Jahre 1808 den Namen 1. Isgion äe lg, Viswle annahm und vier Regimenter stark war. Eine zweite Weichsellegion zählte nur drei Regimenter und wurde 1810 in Folge der ungeheuren Verluste in Spanien mit der ersteren verschmolzen. Hierzu kamen zwei Regimenter Lanziers der Weichsellegion, welche im Jahre 1811 als eti<ZVÄu1öMi-L laneiers 6s ?rar>eö Nr. 7 und 8 in den Verband der französischen Armee aufgenommen wurden. Ein vom Fürsten Sulkowski errichtetes Regiment leichter Reiterei wurde in französischen Sold übernommen, und zwei polnische lö^iovs äu norä, welche in den Sold des Königs von Sachsen übergingen, haben doch beständig im französischen Dienste gefochten. — So groß war die Ausbeute, welche Napoleon aus dem kriegerischen Enthusiasmus einer unglücklichen Nation zog, die er mit dem Trugbilde politischer Wiederherstellung vezauberte, in Bewegung setzte und betrog.
Unterdessen begann der Krieg auf der pyrenäischen Halbinsel.
*) Die militärischen Einrichtungen in den Nheinvundsstaaten empfingen durchgängig ihre Normen von dem Lehnsherrn im Westen, und daher wurde denn auch die Conscription eingeführt. Uebcrall hat man die ungewohnte Last schwer und schmerzlich empfunden, wie das natürlich ist; in einigen Landen jedoch wurde sie durch den Mißbrauch, den man mit ihr trieb, fast unerträglich. So herrschte in Württemberg vollständige Willkür. Hundertfach wurden die eigenen Anordnungen verletzt und das ganze Institut als ein Mittel despotischer Chicane gehandhabt. (Häusser a. a. O.) In Wcstphalen erhielt die Conscription besonders dadurch einen empfindlichen Stachel, daß ein verworfener Mensch, de la Hay, an der Spitze stand und den standalösesten Handel mit ihr trieb. Ein Franzose selbst sagt: „Oss wÄrdrimäs äs vdirir Irumawe «'ellgraissg-iEirt 8iwA äes 'VVosirMIikris." So entsittlichend wirkte die gewaltsam eingeführte französische Conscription. Man vergleiche damit die Resultate der allgemeinen Wehrpflicht in denjenigen deutschen Ländern, welche sie vor 1866 nicht kannten!
Grenzboten I. 1872.