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Zufall empfangen würden, so bringt sie sich um alle Wirkung und um alle moralische Autorität.
Es gibt noch andere Felder, wo der Staat die Kirche ersetzen müßte, wenn er ihre Hülfe nicht mehr annehmen könnte. So bei der Armenpflege, bei dem Kampf gegen sittliche Verwahrlosung in den Strafanstalten und außerhalb derselben, bei der Verhinderung leichtsinniger Ehescheidungen u. s. w.
Wir glauben nach alledem, daß die nothwendige Loslösung einiger bürgerlichen Functionen von der Kirche die dankbare Aufgabe des neuernannten Cultusministers fein wird. Was die innere Gestaltung der Kirche selbst betrifft, so wird die Unmöglichkeit, daß der Staat die Kirche sich selbst überlasse, von Tag zu Tag einleuchtender werden. Und wir hoffen, daß die schöpferischen Gedanken für diese größte und lohnendste aller Aufgaben mit der wieder erwachenden Reaction des Idealismus in Deutschland gegen den Materialismus der jüngsten Epoche, neben welchem die kirchliche Orthodoxie ein besonders auffälliges Phänomen war, das Tageslicht erblicken werden.
cz —r.
Aafaets emnvi'ü clella svAimtura.
Kaum ein anderer Name dürfte auf die Kunstfreunde einen solchen Zauber ausüben, wie der Rafaels von Urbino. Wir verknüpfen mit ihm nicht nur den Begriff höchster Vollendung in der Kunst, sondern erkennen in ihm zugleich einen der wenigen stets vom Glücke begünstigten Menschen, dem die Götter schon bei seiner Geburt die schönsten Gaben in die Wiege gelegt haben.
Das Bedeutendste aber, was dieser große Künstler geleistet hat, concen- trirt sich in jenen vier Zimmern des Vatikanischen Palastes zu Rom, welche heute unter dem Namen „I<z stanze äi Rakaello" weltbekannt sind.
Sie waren ursprünglich die Prunkgemächer der Wohnung des Papstes Nicolaus V., der diesen Flügel des Vaticanischen Palastes erbaut hat. Zur Ausschmückung derselben berief er einige Künstler, welche heute fast vergessen sind. Später arbeiteten auch Luca Signorelli, Pietro Perugino. der Lehrer Rafaels und Soddoma darin. Sie kamen nur langsam vorwärts. Auf den Vorschlag des Architekten Bramante berief Papst Julius II. im Jahre 1608 auch Rafael zu dieser Arbeit. Derselbe malte zuerst die Disputa. Nachdem der Papst dieses Bild gesehen, übertrug er. überrascht durch diese großartige Leistung und voll Freude darüber, dem damals erst fünf und zwanzigjährigen Rafael die Ausschmückung aller vier Zimmer durch große al tr«8eo auszuführende Wand- und Deckengemälde und befahl die von den andern Künstlern