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eigenthümlichen Folgen dessen verwundern, was der ehrwürdige Insasse des Vaticans hartnäckig „seine Einkerkerung" zu nennen beliebt. Daß „Steinmauern noch kein Gefängniß und eiserne Gitter vor den Fenstern noch keinen Käfig ausmachen," war eine Wahrheit, welcher aufrichtige Anhänger der Freiheit der Kirche bereitwillig zustimmen würden; aber die Einkerkerung Pius des Neunten ist zu augenscheinlich von viel mehr als blos geistiger oder moralischer Freiheit umgeben, und ich meine, die Mitglieder der Deputationen würden sich nicht wenig in Verlegenheit befinden, wenn man ihnen die Frage vorlegte: „Welchen größern Betrag an Freiheit, meine verehrten Herren, verlangen Sie denn nun eigentlich für das Oberhaupt der Kirche?" Die Jesuiten scheinen ihre alte traditionelle Schlauheit wirklich ganz eingebüßt zu haben. In allen katholischen Staaten haben sie sich Tag und Nacht abgemüht, bei dieser Gelegenheit eine riesige Kundgebung zu Gunsten der weltlichen Macht des Papstthums zu Stande zu bringen und der italienischen Regierung Verlegenheiten zu schaffen, und jetzt sieht man nur am Erfolg, wie wenig sie vermögen. Die von ihnen zusammengetrommelten Bolksgesandtschaften tonnen, nach Hause zurückgekehrt, nur eine Geschichte erzählen. Sie sind mit Pomp und Ehren vom Papste empfangen worden. Sie haben Seine Heiligkeit von allen Mitgliedern des heiligen Collegiums umgeben, im Kreise aller Würdenträger der Kirche gesehen. Die Honneurs des Vaticans und Sanct Peters sind nicht blos von Bischöfen und andern Prälaten gemacht worden, sondern auch von den Exoffizieren der päpstlichen Zuaven und den Exfunctio- nären der päpstlichen Regierung. Jeder zu der Feier gehörige Ritus ist ohne Hinderniß von Statten gegangen, und mit aller erforderlichen Feierlichkeit. Nichts fehlte derselben, als sie in der Peterskirche spielte, als die Anwesenheit des Papstes, der allein im Palast zurückzubleiben geruhte. Ein Papst, der grollend im Schmollwinkel sitzt, ist sicherlich nicht geeignet, nachdenkende Söhne der Kirche mit besonders tiefer und bleibender Ehrfurcht zu erfüllen. Der „eingekerkerte" Papst fürwahr! Wahrhaftig, wenn der das Schaffst besteigende französische Patriot das Recht hatte, auszurufen: „O Freiheit, wie viele Verbrechen sind in deinem Namen begangen worden!" so können die katholischen Deputationen nach allem, was sie in diesen Tagen hier gesehen und gehört haben, gleichermaßen ausrufen: „O Einkerkerung, wie viel Behaglichkeit. Luxus und Ehre sicherst du doch einem gefangenen Papste!"
Ich ging gestern noch nach San Giovanni in Laterans. ' Die Behörden hatten wohlweislich und vorsichtig zwei Compagnien des 38. Regiments aus dem Platze der Kirche gegenüber aufgestellt. Die Soldaten machten ihre Uebungen durch, und niemand würde sich eingebildet haben, daß der eigentliche Zweck ihrer Anwesenheit an diesem Orte und zu dieser Stunde des Tages einfach der war, bereit zu sein für den Fall, daß das Einschreiten von Mili-
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