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der Wahn genommen werden, als könnten sie innerhalb ihrer engen Mauern mit wenigen Unkosten vollständige Anstalten für den classischen Unterricht erhalten, wie sie bis jetzt glaubten erreichen zu können, indem sie eine religiöse Corporation oder Brüderschaft dafür anstellten. Wie man schon angefangen hat, müssen so viel als möglich gute Elementar- und Realschulen eröffnet werden, damit der größere Theil der Jugend sich dem Handel, der Industrie, den Geschäften zuwende, in einem Worte, dem Gewerbfleiße, der die Seele des heutigen Lebens ist. Aber diejenigen, bei welchen das Glück und die Natur die Bedingungen vereinigten, die zum Fortschritte in den Studien nothwendig sind, müssen das Wissen in den großen Städten aufsuchen und sich überzeugen, daß nur tüchtige Lehrer tüchtige Schüler bilden, und der tüchtigen Lehrer nicht so viele sind, um in jeder kleinen Stadt ein Gymnasium einrichten zu können. Daraus folgt, daß mit der Verbesserung des Unterrichts eine ökonomische Umwälzung sich verknüpfen wird, gewissermaßen eine neue Art zu leben und zu denken, welche, wie wir hoffen, schnell vor sich gehen wird, aber nicht unmittelbar geschehen kann. Die Schulen können und müssen sie beschleunigen, aber sie können sie nicht allein hervorrufen, denn auch sie sind wie jedes andere Ding in der Welt von der Atmosphäre abhängig, die sie umgibt. Mit der Zunahme der Bildung werden Privatfleiß und Reichthum wachsen; aber mit der Entwickelung des Reichthums wird auch die Bildung zunehmen, und die eine mit der andern verbunden werden diese wunderbare Stadt zum drittenmal zu ihrer Größe erheben; eine Größe, welche die einmüthigen Wünsche der ganzen Nation herbeisehnten, als diese, seit den ersten Tagen ihrer Wiederherstellung und als das Schicksal Italiens noch unbestimmt war, mit prophetischem Glauben Rom zu seiner Hauptstadt erkor. Brioschi. Rom 12. Dec. 1870. . Rath für den öffentlichen Unterricht
bei der Statthalterschaft.
Aus der Kaiserstadt.
Berlin, den 8. Mai 1871.
Kommt ein Fremder aus dem Reich nach der jungen Kaiserstadt und bewegt er sich nur ein wenig in literarischen und politischen Cirkeln, so wird er einem ebenso allgemeinen als großen und nachhaltigen Lamento begegnen, das sich in dem einen, unisono vorgetragenen Rufe zuspitzt: „Uns fehlt eine