Beitrag 
Immermann´s Leben.
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drückte, aber er fühlte sich in erster Linie als Sohn eines großen Staates, dessen Königshaus in guten und bösen Tagen unzertrennlich mit dem Volke verwachsen war, seine begeisterte Theilnahme an dem 2Sjähr. Fest der Freiwilligen in Köln und sein letzter Gesang beim Tode des Königs gaben davon Zeugniß. In einer andern Zeit hätte Jmmermann möglicherweise ein activer Politiker wer­den können, denn seine Natur war dazu vollkommen ausgerüstet, aber wir müssen bedenken, wie kleinlich eingeengt damals das Leben unsrer Nation dahin floß, ihm bot sich keine Gelegenheit, handelnd einzugreifen, das Kanne­gießern aber haßte er ebenso wie das handwerksmäßige Oppositionsmachen, das doch nichts Beßres an die Stelle setzen konnte. Darum, so lebhaft ihn auch die Julirevolution erschütterte und fesselte, so schob er doch bald die Politik wieder von sich ab; er gelobte sich, nie mehr etwas von der Masse zu erwarten,die da sei zu empfangen, der Idee Leib zu geben, zu verehren oder der Willkür eine Schranke zu setzen", jeder wahre Impuls, den die Mensch­heit bekommen, sei aber immer aus dem Haupte eines Einzigen geboren. Wir finden denn auch nach 1832 in seinen Tagebüchern wohl einzelne und zwar sehr treffende politische Bemerkungen, wie z. B. über die Persönlichkeit des Kronprinzen, nachmaligen Friedrich Wilhelm IV- bei dessen Besuch in Düsseldorf, aber mit Ausnahme jener Betrachtungen über süddeutsche Zustände trat ihm die Politik nicht nälier, seitdem die Wasser der Julirevolution sich verlaufen und er wandte sich mit frischer Kraft dem Gebiete der Dichtung zu, auf dem er sich heimisch fühlte.

In die nächsten Jahre fällt die Zeit dramaturgischen Schaffens, durch welche sich Jmmermann einen dauernden Platz in der Geschichte des deutschen Theaters gesichert hat. Die Leitung eines Theatervereins, der sich 1832 unter dem Protectorat des Prinzen Friedrich bildete und durch Mustervor­stellungen mit Erfolg auf die Läuterung des dramatischen Geschmackes zu wirken suchte, führte zu dem Antrag die Intendanz einer zu bildenden städti­schen Bühne zu übernehmen. Jmmermann mußte es nach reiflicher Ueber- legung ablehnen, seine bürgerliche Existenz einer ungesicherten Stellung zu opfern, aber es ward ihm durch Befürwortung des Prinzen ein einjähriger Urlaub ertheilt und er widmete sich nun der Leitung des Theaters mit vollem Eifer. Das ganze Gewicht legte er aus die Ueberzeugung, daß, wie des Dich- ters-Werk aus einem Haupte entspringe, auch die Reproduktion desselben nur aus einem Haupte hervorgehen könne. Daher trat er energisch dem Ueber­wuchern des Freiheitsprincips entgegen, wonach jeder Schauspieler aus seiner Rolle zu machen suchte, was ihm behagte, ein Princip, das nach seiner An­sicht die Verwilderung der Bühne herbeigeführt hatte. Um nun eine einheit­liche, correcte, zusammenwirkende Darstellung zu erreichen, scheute er keine Mühe.Zuerst las er jedes Stück den Schauspielern vor, hielt dann mit den