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Süddeutschlands Anschluß an den Bund.
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doch mehrere gleichzeitige Symptome darauf hin, daß die Abneigung gegen diese unbequeme Partei wo möglich noch zugenommen habe, in einem Augen­blick, da man es doch räthlich fand, ihr Programm zu adoptiren; also daß aus so zwiespaltigen Anzeichen noch einmal eine große Verwirrung und fast Bestürmung unter dem Volk entstand, das mit einer Art Sehnsucht endlich einmal klar zu wissen begehrte, was die Regierung eigentlich wolle und wofür die Opfer dieses Krieges gebracht werden sollen.

Also vom Eintritt in den Bund war allerdings nicht die Rede; viel mehr war der Satz, der sich mit seiner Verfassung beschäftigte, mit großer Kunst lediglich negativ gehalten. Nur waren es nach eigenem Geständniß blosunwesentliche" Bestimmungen, an welchen diesseits Anstoß genommen werde, und daraus war man doch wohl berechtigt, zu schließen, daß an den wesentlichen Bestimmungen besagter Nordbundsverfassung kein Anstoß genom­men werde. Nur sprach sich der Wunsch nach einer etwas freieren Bewe­gung der Einzelstaaten aus, namentlichin Absicht auf die Verwaltung und auf die Finanzen". Das war ziemlich bescheiden geredet, der schärfste Stachel war dem Particularismus offenbar ausgebrochen, der ganze Ton der Er­klärung war entgegenkommend, und wie gesagt, ihr Eindruck war gut, Nie­mand hatte einen besseren zu erwarten gewagt.

Inzwischen erfuhr man denn auch, daß die Sonderwünsche, die in dieser Erklärung nur zart angedeutet sind, keineswegs den excentrischen Charakter der bayrischen haben und überhaupt nicht dazu angethan sind, dem Anschluß Würtembergs an den Bund noch ernstliche Schwierigkeiten zu bereiten. Die Vorbehalte wegen der Finanzen sollen sich einmal auf die inneren Getränke­steuern beziehen, und dann auf verschiedene wenig erhebliche Details, wie z. B. auf Besoldungsverhältnisse im Heer, die sich, wie man sagt, ohne Unzukömm­lichkeiten nicht leicht nach der norddeutschen Scala einrichten lassen. An der Unification des Heerwesens hat man im Uebrigen nichts auszusetzen, als daß man dem Ernennungsrecht des Landesherrn einen größeren Spielraum ver­gönnt sehen möchte, und ebenso beziehen sich die Vorbehalte in Absicht auf die Verwaltung ebenfalls wesentlich auf dieses Ernennungsrecht, selbst auf der eigenen Verwaltung der Verkehrsanstalten wird man ohne Zweifel nicht be­stehen. Kurz, es sind Wünsche, über die man ins Reine kommen wird. Von kompetenter Seite ist ausgerechnet worden, daß der Eintritt in den Bund dem Land etwa 3 Mill. Fl. kosten werde. Hätte Würtemberg bereits die Reform seines Steuerwesens fertig, die längst projectirt und eingeleitet, wie üblich auf dem Schreibtisch des Herrn Moritz Mohl liegen geblieben ist und voraussichtlich noch geraume Zeit dort liegen bleiben wird, so wäre dieser Ausfall gar nicht zu spüren. Immer wird daher dieser Umstand die neu eintretenden Staaten zu Anhängern einer Finanzpolitik machen, welche dahin