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Eine Episode aus der Geschichte des Jahres 1813.
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seinen Bericht über meinen Unfall schon am 30. November erhalten hatte, wich er dennoch meiner Forderung, mir meine Pässe zu geben, immer aus, so daß ich genöthigt war, vierzehn Tage lang in Leipzig, inmitten der pestilenzialischen Fieber, welche diese Stadt entvölkern, die traurigste Existenz zu führen, ohne die Möglichkeit, dem Könige oder dem Grafen Senfft eine Nachricht von mir zukommen zu lassen. Es war klar, daß Repnin Befehl hatte, mich so lange wie möglich in Leipzig zurückzuhalten. Aufgebracht über diese Be­handlung, erklärte ich endlich am 4. December dem Staatsrath von Merian mein Erstaunen, mich trotz eines Passes des Fürsten Schwarzenberg, den Repnin selbst fignirt habe, hier gefangen zu sehen, und daß ich nicht begriffe, wie das mir zugestoßene Unglück, in die Hände von Marodeurs zu fallen, an der schon ertheilten Auiorifalion zu meiner Reise nach Berlin etwas ändern könne. Nun schlug Repnin wieder einen anderen Ton an; er behandelte mich sehr freundlich und versicherte mir, meine Angelegenheit hätte durch mein langes Warten nur gewinnen können und ich würde mit ihm zufrieden sein; zugl.ich lud er mich zu einem großen Diner, das er zu Ehren der Groß­fürstin Katharina gab.

Dessenungeachtet wurde mein Paß nicht expedirt, obgleich es nach Rep- nins Besprechen von einem Tag zum andern geschehen sollte. Endlich, am 7. December, hatte ich eine entscheidende Unterredung mit ihm.Ich habe noch keine Befehle in Bezug auf Sie/' sagte Repnin,und ich werde sie bis zur letzten Minute vor meiner Abreise nach Dresden erwarten, d. h. bis morgen Abend; bekomme ich keine entgegengesetzte Weisung, so werde ich Ihnen morgen einen Paß für Berlin ausfertigen, weil Sie es wünschen, aber unter der einzigen Bedingung, daß Sie mir versprechen nach Dresden zurück­zukommen, denn ich will keine geheimen Missionen nach dem Hauptquartier mehr autorisiren." Ich versprach es.Ihre Reise nach Berlin kann übrigens dem Könige und dem Stande der Dinge in Sachsen nützlich werden" fuhr Repnin fort,weil Sie den König über die wahre Lage der Angelegenheiten aufklären und diese geheimen Verhandlungen verhindern können, die nur ge­eignet sind, die Sache Sr. Majestät zu verschlimmern und die sie in der That verschlimmert haben."Aber was soll der König thun?"Soll ich Ihnen meine Meinung offen sagen? Es bleibt Ihrem König nur ein einziges Mittel, nämlich an den Kaiser Alexander zu schreiben und sich ganz und gar und ohne Rückhalt in seine Hand zu geben. Dazu braucht es nur eines Briefes aber keiner Unterhandlung noch Unterhändler, weil man deren, wie Ihnen das Beispiel des Generals Watzdorf gezeigt hat, im gegenwärtigen Stande der Dinge keine annimmt. Senfft und Watzdorf werden von uns immer mit mißtrauischen Augen angesehen werden, so lange sie sich im Hauptquartiere befinden und sich die Miene geben, als wollten sie uns 'durch Oestreichs Ein-