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darauf ausging, Preußens damals zwar noch nicht formell ausgesprochene, aber doch offenkundige Absichten zu vereiteln und den Bestand des sächsischen Staates unter seiner bisherigen Dynastie zu erhalten. Besonders angelegen ließen sich dies die Männer sein, die durch ihre verkehrte und engherzige Politik im Frühjahre 1813. indem sie auf Oestreich gestützt für Sachsen eine neutrale Stellung zwischen den kämpfenden Parteien behaupten zu können meinten, die Hauptschuld daran trugen, daß König Friedrich August in die verhängnißvolle Lage gerathen war, in der er sich gegenwärtig befand. An der Spitze dieser Partei standen der ehemalige sächsische Minister Graf Senfft von Pilsach und der General von Langenau, jener seit der Prager Katastrophe vom 8. Mai ins Privatleben zurück-, dieser in östreichische Dienste übergetreten. Ihnen gesellte sich der sächsische Gesandte am Stuttgarter, Hofe, der Kammerherr Emil von Uechtritz, zu. der nun der eigentliche Held der folgenden Erzählung ist. Wir schöpfen dieselbe aus einem eigenhändigen Berichte dieses Diplomaten, der sich im Dresdner Staatsarchive befindet und dessen Inhalt bis auf eine kurze unvollständige und ungenaue Notiz in Do- row's „Erlebtes aus den Jahren 1813—1820" Band 1 S. 30 noch nicht ver- öffentlicht ist.
Sogleich auf die erste Nachricht von der Gefangennahme des Königs hatte v. Uechtritz an den Grasen Senfft-Pilsach nach Lausanne geschrieben und ihn beschworen, so schnell wie möglich nach Deutschland zurückzukehren^ um in dieser bedenklichen Krisis zu wirken; allein bereits vor Empfang dieses Briefes hatte der Graf aus eigenem Antriebe den nämlichen Entschluß gefaßt, so daß schon am 6. November beide in Frankfurt a/M. zusammentrafen, wo sich damals das Hauptquartier der verbündeten Monarchen befand und wo nun jene sächsischen Diplomaten gemeinschaftlich Raths pflogen, was sich zum Besten Sachsens, d. h. des gefangenen Königs thun lasse. Graf Senfft, der zuerst eingetroffen war, hatte bei Ankunft des Herrn von Uechtritz das Terrain schon einigermaßen recognoscirt und nicht ohne Geschick die Punkte ausfindig gemacht, von denen aus ihre Operationen zu beginnen hätten; er unterrichtete seinen Genossen, daß der östreichische Hof ebenso wie die Lords Aberdeen und Cathiarlh sich einer sofortigen Wiedereinsetzung des Königs sehr geneigt zeigten, daß auch der König von Bayern bereits zu dem gleichen Zwecke Schritte gethan habe, daß aber der Kaiser von Rußland und der König von Preußen entgegengesetzter Meinung zu sein scheinen; man müsse also sehen, wie man diese Monarchen ebenfalls dazu disponiren könne. Den Grafen Nesselrode hatte Senfft schon gesprochen und auch von dem Kaiser Alexander die Einwilligung erlangt, ihn. wenn auch nur als Privatmann, zu empfangen; gleichzeitig hatte er mehrere Besprechungen mit Metternich, dem Uechtritz ebenfalls vorgestellt wurde, Das Resultat dieser Verhandlungen