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Aus München.
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gegeben gewesen wäre. Dieser durch das Schicksal herbeigeführten Ungeübt- heit und wohl auch der schnellen Jmprovisirung der Feier mag es zuzuschrei­ben sein, daß die Beleuchtung trotz des besten Willens, der sich fast überall zeigte, etwas mager ausgefallen ist. Nur wenige Gebäude, unter ihnen be­sonders die Bank, die durch ein glückliches Ensemble von Blumen und Licht wirkte, ferner die Post und das Haus des Banquier Hirsch waren wirklich glänzend und geschmackvoll beleuchtet. Auf den naheliegenden Gedanken, das Siegesthor die Münchner xorta, triumrMlig unter Licht zu setzen, war Niemand gekommen. Glücklicherweise wurden wir durch ein anderes Gebäude in der Ludwigsstraße hierfür reichlich entschädigt. Die Pracht der Decoration, die enorme Lichtmasse, welche das Palais, des Herzogs Max von Bayern auszeichnete, hat nicht allein das Auge der Beschauer erfreut: end­lich sah man doch ein Zeichen, daß wenigstens ein Zweig der Dynastie, die bisher allen freudigen Ereignissen gegenüber nur eine eisige Kälte zur Schau getragen hatte, Antheil an der Freude des Volkes nimmt. War es schon aufgefallen, daß der König nicht zur Siegesfeier in seine Hauptstadt gekommen war, so mußte es noch peinlicheres Aussehen erregen, daß an der Resi­denz sich auch nicht ein Kranz, nicht eine Fahne zeigte, um dem Volk zu sagen, daß man seine Gefühle theilt. Im Uebrigen verlief die Festnacht in ungetrübter Fröhlichkeit. Die Menge jubelte vor jedem Hause, das die Be­leuchtung nur einiger Maßen heraushob, und brach bei dunkel gebliebenen Gebäuden in ein diabolisches Pfeifen und Zischen aus, eine Auszeichnung, die auch dem Magistrat unserer Stadt zu Theil wurde, weil er die beiden Rath­häuser auf dem Marienplatze in Nacht und Grau hatte stehen lassen. So unsere Festwoche.

Was die Politik betrifft, so wird es Ihnen bekannt geworden sein, daß München, wie alle größeren Städte Bayerns, sich der von Berliner Nota­bilitäten vorgeschlagenen Adresse an den König von Preußen bezüglich der Intervention der Neutralen angeschlossen hat, und es unterliegt keinem Zwei­fel, daß in diesem Punkte zwischen Stadt und Land eine völlige Ueberein­stimmung herrscht. Zugleich wurde aber auch eine telegraphische Adresse an den König von Bayern erlassen, in welcher neben der Fernhaltung jeder fremden Einmischung und der Erwerbung von Elsaß und Lothringen besonders die künftige Gesammtvertretung des deutschen Volkes betont wird. So völlig berechtigt und zeitgemäß auch dieser Wunsch in jeder Richtung ist, so muß doch zur Vermeidung von Illusionen schon jetzt darauf hingewiesen werden, daß hier von einer Einmüthigkeit des bayrischen Volkes nicht gesprochen werden darf. Wie die Landbevölkerung, aus der die Mehrheit der bayrischen Kammer hervorgegangen ist, über die Parlamentsfrage, über den Anschluß an Nord­deutschland denkt oder richtiger zu denken angehalten wird, weiß wohl bis.