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war aber fast unglaublich. Es lag durchaus kein Grund zu der Vermuthung vor, daß General Zaragoza nicht Herr über seine Truppen sei; Zaragoza's Wort konnte daher für eine sichere Bürgschaft gelten. Auch wäre eine Gewaltthat gegen die kranken Franzosen nicht nur ein Verbrechen, sondern eine so unsinnige Handlung gewesen, wie man sie den Juaristen, die bisher den Verbündeten gegenüber die äußerste Mäßigung und Besonnenheit zur Richtschnur ihres Verfahrens gemacht hatten, durchaus nicht zutrauen konnte. Eine Erbitterung, die um sich Lust zu machen, zu jedem Mittel gegriffen hätte, herrschte damals noch nicht; sie trat erst ein — und das gesteht auch Kiratry zu. der im Widerspruch mit seiner oben angeführten Aeußerung an einer andern Stelle es bedauert, daß man sich den Feinden gegenüber ins Unrecht gesetzt habe — als eine Folge des Wortbruchs. Das ganze Gerücht, auf das hin der französische General handelte, ohne die Begründung desselben einer Prüfung zu unterziehen, stand offenbar auf gleicher Stufe mit den Redereien über die Gewaltthätigkeiten, denen die französischen Unterthanen ausgesetzt sein sollten. Das eine Gerücht gab den Vorwand ab, von der Convention von La Soledad zurückzutreten, das andere den Vorwand, das gegebene Wort zu brechen und sich durch Wortbruch einen überaus wichtigen militärischen Vortheil zu erschleichen, den man nicht ohne große Opfer hätte erkämpfen können. Denn die Befestigungen, die in den von den Küstenebnen auf das flache Land führenden Pässen angelegt waren, stellten einem vordringenden Heere ein ernstes Hinderniß entgegen, und was von besonderer Wichtigkeit war: die Franzosen wären im Falle eines vergeblichen Angriffs genöthigt gewesen, sich in die ungesunde Küstengegend zurückzuziehen, um dort ihre Verstärkungen zu erwarten. War es da zu verwundern, wenn die Vermuthung auskommen konnte, daß die Franzosen die Convention von La Soledad nur zu dem Zwecke unterzeichnet hätten, um auf bequeme Manier ihrer Armee den Zugang ins Innere des Landes zu eröffnen?
Mit einem schreienden Wortbruch leitete man das Werk der Wiedergeburt Mexico's ein. Kein Wunder, daß die öffentliche Meinung sich aufs Tiefste gegen jede von Frankreich kommende Gabe empörte und den Haß gegen Frankreich von vornherein auf dessen Schützling, den Erzherzog Maximilian übertrug, daß man sich zum Nationalkampf gegen die einheimischen Verräther, gegen die französischen Truppen und den Herrscher, dem sie den Weg bahnen sollten, mit Aufbietung aller Kräfte rüstete. Ein Unternehmen, das man als segenspendende, versöhnende Friedensmission angekündigt, durfte man — das geboten schon die einfachsten Erwägungen der Klugheit — nicht mit einer Handlung beginnen, durch welche das Rechts- und Sittlichkeitsgefühl der zu beglückenden Nation verletzt wurde. Der Wortbruch der Fran-