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Die dritte französische Republik.
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unverschämt, so ist der jetzige Minister naiv und uawissend. Darum, daß die Linke gegen den Krieg gestimmt hat. soll jetzt, nachdem nicht sie, sondern die Ereignisse das Kaiserreich gestürzt haben, der Krieg aus. sein! Herr Favre gesteht selbst zu, daß derselbe populär war, indem er sagt, die republi­kanischen Deputaten hätten sich auf die Gefahr hin, ihre Popularität ein­zubüßen, der Grammontschen Politik widersetzt, und Jedermann weiß, daß die Unpopularität des Krieges erst von den Niederlagen datirt. Hätte das Kaiserthum gesiegt und Frankreich eine Gebietserweiterung begehrt, so hätten die Republikaner sich Wohl gehütet, dagegen zu protestiren, so wenig wie sie es bei Gelegenheit der Annexion von Nizza und Savoyen gethan haben. Nach Favre's Theorie könnte jeder ungerechte Angriff, der zurückgeschlagen wird, dadurch für den angreifenden Staat unschädlich bleiben, daß er seine Regie­rung wechselt. Wenn er sodann behauptet, der König von Preußen habe erklärt, nur Napoleon, nicht Frankreich zu bekämpfen, so zeigt er nur, daß er die Proklamation des Bundesfeldherrn nicht gelesen hat. Er setzt einfach für französische Soldaten"kaiserliche Dynastie", fürBürger Frankreichs" Frankreich" und kommt so zu dem Resultat, der König müsse auf dem Marsche nach Paris Halt machen. Der König von Preußen wird benach­richtigt, daß wenn er diesen argen Krieg fortsetzen wolle, Frankreich bis aufs Aeußerste widerstehen werde, seine Interessen seien die Europas, es werde kei­nen Fußbreit Landes, keinen Stein seiner Festungen abtreten, worauf denn die Aufzählung der unermeßlichen Hilfsmittel folgt, über die Frankreich noch gebiete. Herr Jules Favre weiß in seinem 62ten Jahre noch nicht, daß ein Politiker niemalsNiemals" sagen darf. Ist er des Heldenthums der Pariser so sicher, daß er behaupten kann, die Hauptstadt werde sich aufs Aeußerste vertheidigen? und woher nimmt er die Sicherheit, daß, wenn sie siele, Frank­reich aufstehen werde, sie zu rächen? Die eigentliche Kraft des Landes liegt im Norden, dessen Hälfte bereits von uns besetzt ist. Seit Jeanne d'Are ist nie wieder ein Versuch gemacht, Widerstand zu leisten, wenn Paris in Hän­den des Feindes war. Vollends seit die Revolution alle Reste provinzieller Selbständigkeit vernichtet, ist Paris das Herz, der Kopf, die Wirbelsäule Frankreichs. Ist es gefallen, so ist der Widerstand aus, so gut wie er es 1814 und 1813 war. Wie weit er sich mit den neuen Befestigungen durch­führen läßt, wird General Trochu zu beweisen haben; wir können nur sagen, daß der preußische Generalstab keine hohe Meinung von ihrer Widerstands­fähigkeit hat und daß uns die Verproviantirung einer Stadt von 2 Millio­nen, der Hauptstadt des europäischen Luxus, von der Alphons Karr sagte, sie würde capituliren, wenn man ihr blos die Zufuhr von Erdbeeren ab­schnitte, einigermaßen problematisch erscheint. Und nur wenn Paris wochen­lang widerstände, hätte General Leflö irgend welche Chancen, südlich