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es noch eines Krieges zur Ausführung des kaiserlichen Friedensprogramms bedürfen würde.
Oestreich hatte sich während des Krim-Krieges in der Illusion gewiegt, daß es die Geschicke Europas in Händen habe. Es war in die Donau- fürstenthümer eingerückt in der stillen Hoffnung, daß der Besetzung bald die Besitzergreifung folgen werde. Es halte gehofft, durch diplomatische Finesse im metternichschen Stile mehr zu erreichen, als ^?ie Verbündeten durch das Schwert erreichen würden. Dieser Hoffnung war nun allerdings dadurch ein Riegel vorgeschoben worden, daß England und Frankreich auf jeden besonderen Vortheil für sich verzichteten: denn diesem Verzicht gegenüber konnte natürlich Oestreich nicht an einen Ländererwerb denken. Ueber die gescheiterte Aussicht tröstete es sich indessen mit dem scheinbar maßgebenden Einfluß, den es von Beginn bis zu Ende des Krieges auf die diplomatischen Verhandlungen ausgeübt hatte. Aber Walewski's Worte und Cavour's Haltung rüttelten es aus seiner Selbsttäuschung unsanft auf. Man konnte jetzt in Wien nicht länger zweifeln, daß für Napoleon die Jsolirung Oestreichs eins der wichtigsten Ergebnisse des Krieges war. Jetzt erkannte Oestreich zu spät, daß es durch seine überfeine Politik Preußen mißtrauisch gemacht, Rußland sich auf's bitterste verfeindet und dabei nicht einmal auf den Dank Englands sich Anspruch erworben hatte.
Napoleon hatte seine Probe als Staatsmann bestanden; er hatte erreicht, was eine besonnene Staatskunst erreichen konnte; ob durch eine abenteuerliche Politik sich noch Höheres erreichen ließ, das sollte sich in dem nächsten Kriege offenbaren.
V. Napoleon und Italien.
Wiederum war es ein außerordentlich populärer Zweck, für den Napoleon sich zum Kampfe vorbereitete. Die Befreiung Italiens — das war in der That eine hohe und schöne Aufgabe, zu schön für den, Mann des Dezembers, zu hoch für das Verständniß und den Charakter des französischen Volkes, das, während es eine Idee auf sein Banner schreibt, stets nur für Raub und Beute in den Kampf zieht.
Welches war das natürliche und berechtigte Ziel der italienischen Nationalpartei, die in dem Königreich Sardinien einen starken, kräftig organisirten Mittelpunkt gefunden hatte, und was wollte, was konnte Napoleon den Italienern bieten?
Das Ziel der Italiener war — das hatte sich 1848 klar herausgestellt — ein doppeltes: zunächst und vor Allem die Befreiung Italiens von jedem fremden Einfluß, ein Ziel, das sich natürlich nur durch Vertreibung der Oestreicher erreichen ließ, und sodann die Vereinigung aller italienischen Lande