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begeisterte und eine besondere Vorliebe für Uoungs „Nachtgedanken" in der Uebersetzung von Ebert hatte, und natürlich hat er auch Goethe gelesen — aber eine tiefer greifende Einwirkung haben diese literarischen Nebenstudien gewiß nicht auf ihn geübt. Ec selbst braucht wohl einmal den Ausdruck: um ein gutes Lehrbuch der Kriegswissenschaften zu schreiben, müsse man auch „ein philosophischer Kopf" sein — ein Lieblingsausdruck der Zeit bekanntlich, aber an eigentlich philosophische Studien dürfte man dabei natürlich nicht denken.
Vielmehr drängt — in Mitten dieses nach ästhetischen Eindrücken und allgemeiner Weltansicht so gierigen Zeitalters — sein Naturell ihn zur entschlossenen Concentrirung auf sein concretes Fachstudium. Er ist eine durchaus exacte Natur. Die mathematischen und kriegswissenschaftlichen Disciplinen — die letzteren im allerweitesten Umfange verstanden — erfüllen ihn gänzlich. Man kann sich, überschlägt man seine Thätigkett auf diesen Gebieten, nicht vorstellen, daß Interessen anderer Art viel Platz in diesem Kopfe haben könnten. Dazu gesellt sich ein ganz specifisch-pädagogischer Zug seines Wesens, der sich früh bemerkbar macht ; in den letzten Jahren auf dem Wilhelmstein schon und dann alsbald nach seinem Eintritt in hannövecsche Dienste; seine schriftstellerische Thätigkeit, die kurz darauf schon beginnt, hat zum großen Theil dieses Interesse im Auge.
In diesem fest umrissenen Kreis praktischer und theoretischer Gedanken lebt, denkt und wirkt er. Die Anerkennung seines Lehrtalentes bringt ihn von 1782 an nach Hannover als Lehrer an der Artillerieschule, während er zugleich selbst in ein Artillerieregiment eintritt. Ueber ein Jahrzehnt, bis zum Ausbruch des ersten Revolutionskriegs, mit langsamem Avancement bis zum „Titularcapitän" verharrt er in dieser Stellung. Seine wichtigsten literarischen Productionen liegen in dieser Epoche.
Auf die Charakterisirung dieser Schriften gehen wir nicht ein. Es will etwas sagen, wenn militärisch Sachverständige von ihnen urtheilen, daß sie zum Theil noch heute von keineswegs blos historischem Werth sind.
In allem, was er schreibt, kann man nicht umhin, die gediegene Klarheit und Bündigkeit des Gedankenausdrucks zu bewundern. Es ist jene einfache, gedrungene Mannhaftigkeit des Stils, welche das Studium der exacten Wissenschaft nicht selten seinen Bekennern verleiht. Scharnhorst selbst hat üben die Kunst des Stils vielfach nachgedacht und bekennt, daß er viele Uebungen angestellt, sie zu erlernen; er bedauert, daß in den Kreisen seiner Fachgenossen man sich so wenig darum kümmere.
„Der größte Theil der Militärpersonen", sagt er einmal, „setzt die Feder zum Schreiben an. ohne jemals die Kunst, seine Gedanken richtig zu ordnen, erlernt, ja selbst nur einmal darüber nachgedacht zu haben. Da aber alles,