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der Stunde eingehalten werde, wo die eigensten Interessen Englands oder das alleinseligmachende Nichtinterventionsprincip verletzt werden. Die Spannung in der politischen Atmosphäre ist so groß, daß jede Allianz auf der einen Seite sofort ein Gegengewicht hervorlocken muß. Die Theilnahme jeder dritten Macht aber droht dem Kampfe europäische Ausdehnung zu geben. Wie die Chancen sich in diesem Falle stellen würden, vermögen wir zur Zeit noch nicht zu übersehen. Von Wichtigkeit für uns ist jedoch, daß Napoleon, wenn er im beginnenden Kampfe unterliegt, nicht die Möglichkeit erhält, den Ausgang auf die Uebermacht einer Koalition zu schieben — die einzige Möglichkeit für ihn, sich im Falle des Waffenunglücks in Frankreich zu behaupten. Und wieder ist es Englands Beruf, darüber zu wachen. Denn wenn das Nichtinterventionsprincip überhaupt ein Princip sein will und nicht eine Fa<?on des politischen Ban- kerotts, so muß es sich dadurch äußern, daß der Mächtige jedem anderen verbietet, was er sich selbst versagt. Da England den Muth nicht fand, den entsetzlichsten Streit zu schlichten, so ist jetzt sein Amt, als Herold die Schranken des Turnieres frei zu halten, den Krieg zu localistren.
Unterdessen ist unsere Rüstung äußerlich und innerlich vollendet. Den Bayonetten zur Seite geht das Gift der Noten, die Frankreichs petulante und verschwörerische Politik entlarven. Nicht überall werden diese Aufklärungen mit ganz reinem Gefühle gelesen worden sein. Der diplomatische Sieg ist so groß, als er nur sein kann; wenn aber der Eindruck einer gewissen ca- valieren Behandlung der eigenen Gesinnungen auf Seiten des Grafen Bis- marck die Genugthuung bei Manchen abschwächt, so vergesse man nicht, wie viel uns und Europa gegenüber daran gelegen war, Frankreichs letzte Gedanken zu erforschen. Der Hergang nimmt sich aus wie das Spiel mit einem scharfen Messer: Heft und Klinge werden in den Händen gewechselt haben, aber Graf Bismarck behielt am Ende den Griff und der Gegner die blutigen Finger, und darauf kam es an. Es ist altbrandenburgisch, den Feind sich ins Unrecht setzen zu lassen; auch das ist nun in einem Umfang und in einem Grade geschehn, wie niemals. Wir haben verstanden, an richtigem Fleck und zu richtiger Stunde zu weichen: die Unterhaltungen Bismarcks mit Benedetti, der hohenzollernsche Verzicht, jetzt die Räumung von Saarbrücken, bilden solche Momente, aber in allen Fällen ist es nur der Schritt, den der Ringer zurückthut, um sich mit ganzer Wucht auf seinen Feind zu stürzen. Die Stunde ist da ; was wir begehren, ist: die Gasse frei ! —