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zu bleiben, vor allem aber dem Colofseum das ungewohnte, so sehr großartige Aussehn verleiht, ist eben, daß im ganzen Umfange die Präcinctionsmauern aufgeführt worden find, da der Boden hier keine natürliche Hilfe gewährte. Dieser gemauerte Abschluß war in der Regel mit einem Säulengange gekrönt und scheint es auch in dem Pariser Circus gewesen zu sein; wenigstens legen einige auf dem Platze gefundenen Säulenkapitelle korinthischer Ordnung diese Vermuthnng nahe. Das Mauerwerk ist außerordentlich fest, es besteht aus unregelmäßigen, in Mörtel gelegten Steinen der Pariser Umgegend; die nach der Arena gekehrte Seite ist mit regelmäßig viereckig behauenen kleinen Quadern bekleidet. Backsteinbau. wie bei den nahen Termen des Julian, ist hier nirgend zur Anwendung gekommen. Die zwei viereckigen Kammern, die in der Tiefe der aufsteigenden Stufenreihen ausgespart worden find, scheinen zum Aufenthalte der Gladiatoren gedient zu haben. Ueber die Epoche der Erbauung läßt sich gar nichts festsetzen; man weiß nur, daß Paris erst gegen Ende des dritten Jahrhunderts anfing, eine größere Bedeutung zu erhalten. Wohl um diese Zeit wird die im Gedeihen und Wachsen begriffene Stadt an's Errichten großer Gebäude zu öffentlichen Zwecken haben denken können.
Es ist bekannt, daß die verschiedenen Stände in Theater und Circus verschiedene Sitze hatten; nicht nur die civilen und religiösen Großwürdenträger hatten ihre festen Plätze, auch Privatleute und ganze Corporationen, die ja in der römischen Kaiserzeit so häufig mit ganz ausgebildeten Verfassungen vorkommen. In den meisten Amphitheatern trifft man Steine an, die abgekürzte Namen tragen, offenbar die des Platzinhabers. In Paris waren dergleichen Inschriften in mehreren, von einander ziemlich entfernten Bauten, in dem Stadtwalle König Philivp-August's. namentlich aber in der Cit6 gefunden worden, die jetzt in dem Uus6s äs Lluuzf und Nusöe Oarua- valst aufbewahrt find. Die Entdeckung ganz gleichartiger Steine im Circus hat deren gemeinsamen Ursprung ins Licht gestellt und die immer sich wiederholende Wahrnehmung erhärtet, daß die antiken Gebäude während des ganzen Mitthäters ausgeplündert und als Steinbrüche benutzt wurden. Auch eine falsche Inschrift kam zu Tage: auf einer kleinen Bleiplatte las man die Worte
LllSIN ^.VR. III.
Sollte offenbar heißen: wir erwählen Hadrian zum dritten Male! Das erscheint wie ein Scherz, und doch war es ernst gemeint. Die französischen Jn- schriftenfälschungen sind überhaupt so harmlos, so ungeschickt gemacht, daß sie nur erheiternd wirken können. Keine Gefahr, daß sie, wie z. B. die berühmten Ligorischen, die Forscher irre zu leiten im Stande wären; von Unwissenden gemacht, können sie auch nur die gröbste Unwissenheit täuschen; diese Unwissenheit herrscht in der Provinz aber vor; außerdem spielt der