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Die deutsche Heeresfolge im Süden : aus Schwaben.
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erträgliche fremde Tyrannei aufgestanden sind. Die Bündnißverträge sind in Wahrheit. Die Gegner von 1866 stehen als Waffen gen offen in einem und demselben Lager, sie stehen zusammen, eben um die Errungenschaften von 1866 zu vertheidigen. Zum erstenmal ein großer Krieg, der nicht mit der Schmach des Bruderzwistes beginnt!

Es traf sich günstig, daß wir Schwaben als die letzten uns auszusprechen hatten. So blieb uns keine Wahl. Nachdem von München die Kunde von der Spaltung und Niederlage derPatrioten" eingetroffen war, war die Sache auch im Stuttgarter Ständesaal entschieden. Zwar König und Ministerium hatten schon früher ihre bestimmten Beschlüsse gefaßt, und auch an einer Mehrheit in der Kammer war von Anfang an nicht zu zweifeln. Daß aber diese Mehrheit zur Einstimmigkeit wurde, die Beobachterpartei freiwillig auf einen hoffnungslosen Widerstand verzichtete, die Gelehrten des ea-sus toeäerig sich Schweigen auferlegten und so ein würdiger Act diese Kundgebungen deutscher Kammern schloß, war doch jener Zwangslage zu verdanken. Sie ersparte uns einen Ausbruch müßiger Recriminationen, auf den man noch am Vorabend gefaßt sein mußte.

Und so darf man sich heute der fast unverhofften Freude hingeben, daß die systematische Bearbeitung, durch welche die süddeutschen Bevölkerungen von ihrer nationalen Pflicht abspenstig gemacht werden sollten, in der ent­scheidenden Probe sich unmächtig erwiesen hat. Gerade für den jetzigen Fall, für den nun ausgebrochenen Krieg zwischen Frankreich und Preußen hatte derBeobachter" seit Jahren seine Versührungskünste geübt. Sie schienen erfolgreich, so lange es sich um ein theoretisches Gezänk handelte; als der Kriegsruf erscholl, fielen sie zu Boden. Bis zum letzten Tage waren der Beobachter und seine ultramontanen College» ihrer bisherigen Rolle treu geblieben; nur etwas feiner und vorsichtiger hatten sie es getrieben, als die bayrischen Psaffenblätter. Es ist ein dynastischer Krieg, sagten sie, der das Volk nichts angeht, am wenigsten das süddeutsche Volk, das jetzt vor Allem den Vasallenvertrag zu kündigen hat. Was hat es auch für ein Interesse, für hohenzollerschen Ehrgeiz oder fürstliche Empfindlichkeiten seine Haut zu Markte zu tragen? In Frankreich wie in Deutschland verabscheut das Volk den Krieg, den die Cäsaren beginnen. Mögen die Cäsaren mit ihren Hor­den ihn allein ausfechten. Ruhiges Blut, Widerstand gegen den deutschen Chauvinismus ist, was jetzt dem deutschen Demokraten geziemt. Aber wäh­rend diese Melodien täglich wiederholt wurden, begegnete es denen, die sie pfiffen, daß sie auf einmal ohne Hörer waren; sie wandten sich um, und die Offiziere sahen sich ohne Armee. Das verdroß sie, und sie zogen es vor. nicht länger die steifen Catone zu spielen. Noch in der Nummer des Be­obachters vom 20. Juli stand ein großer Artikel zum Lob der Neutralität