II
lich nicht yuf die Bocchesen, die von der östreichischen Regierung gezwungen worden sind, die Waffen zu ergreifen." — eine völkerrechtliche Keckheit, die nur damit zu entschuldigen ist, daß die östreichische Regierung sich ihrerseits durch die Art der Paciscirung diese Auffassung faktisch zu eigen macht. Dem Bocchesen-Aufstande selbst wurde dann eine sympathische Besprechung gewidmet.
Noch weitere Mittel für die Verbreitung der panslavistischen Ideen und die Erweckung des Enthusiasmus dafür sind die seit der Moskauer Ausstellung in Mode gekommenen Slavenfeste, welche man öfters zu wiederholen beabsichtigt. Es wurden vor wenigen Monaten z. B. in Petersburg lebende Bilder aus der Geschichte der einzelnen slavischen Stämme arrangirt. Den Anfang und den Schluß bildeten russische Tableaux; dann gab es Bilder aus der Geschichte der Ruthenen. der Polen u. s. w. Der gewählte Stoff schloß immer einen Protest gegen den Westen und gegen den Katholicismus in sich. Das polnische Tableau stellte Kopernik vor, umgeben von seinen Schülern, denen er seine Lehre erklärt, die übrigen waren demonstrativer, so daß der Enthusiasmus, durch Prologe und Epiloge gespornt, sich fortwährend steigerte und das Gebäude von dem Beifallssturme erzitterte. Bei Darstellung des serbischen Helden Marko hieß es in der damit verbundenen Deklamation, daß bald ein neuer Marko erscheinen werde und müsse, der den Slaven endlich dauerndes Heil bereite. Das geräumige Marien-Theater reichte trotz hoher Preise nicht aus, und die Vorstellung mußte am nächsten Tage wiederholt werden.
Dies Treiben findet im Allgemeinen keinen Einspruch, so lange die äußere Form und die polizeilichen Vorschriften nicht verletzt werden. Denn allerdings wird einmal ein Comite' aufgehoben, Statuten und Gelder desselben confiscirt, nur weil die Genehmigung der Behörde nicht nachgesucht worden; die Mitglieder jedoch behelligt Niemand, auch die Presse schweigt darüber. Geht der Eifer zu weit und beginnt er, den Behörden Verlegenheiten zu bereiten, so erfolgt eine Jnhibirung. Ein Agent des panslavistischen Comite's, ein ehemaliger Professor aus Lemberg, welcher durch öffentliche Vorträge zu wirken gesucht hatte, wurde aus der Stadt gewiesen und nach der östreichischen Grenze abgeführt. Anfangs schien die Polizei ihn ignoriren zu wollen, als er aber in einer Rede vor einer zahlreichen Versammlung das russische Volk aufforderte, sich zu erheben wie ein Mann zum Kampf für die Gründung eines Weltreiches aus den zerstreuten Slavenstämmen unter Rußlands Oberhoheit, da blieb Nichts anderes übrig, als der Agitation ein Ende zu machen. Andererseits ist in Odessa unlängst ein Lehrstuhl für die Geschichte der slavischen Gesetzgebung an der Universität errichtet und mit einem Hilfsarbeiter aus dem Cultusministerium in Wien (Dr. Bo- gischic) besetzt worden. Es scheint in der Absicht der russischen Regierung
2*