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fromme Aeneas. der von den Furien gejagte Orestes kommen dahin, muntere Nymphen tummeln sich an den Seen auf den bunten Auen, die schalkhafte Galatea sucht mit ihrem Geliebten Acis den Nachstellungen des ungestümen Polyphem zu entkommen, und in den Bergen läßt Daphnis seine Hirtenlieder erschallen. Die ältesten Einwohner des Landes sind wilde Kannibalen, in den Höhlen des Aetna Hausen die Kyklopen und in den Felsgrotten der leontinischen und katanäischen Felder die Lästrygonen. deren Ankunft aus der Fremde man nicht kannte. Aber schon in der Urzeit wandern von allen Küsten, aus allen Himmelsgegenden alte, theils noch halbbarbarische, theils schon viel weiter geförderte Völker ein. aus Jberien von den Ufern des Si- coris angeblich die Sicaner, aus Süditalien die Siculer, die auf Flößen über die gefährlichen Strudel setzen, aus dem meerbeherrschenden Kreta die Mannen des Königs Minos; von größtem Einfluß war es, als die Barken der erfindungsreichen phönikischen Kaufleute landeten und überall Factoreien und Waarendepots gründeten; mit ihnen kamen Trojaner, Kleinasiaten, vielleicht auch Palästiner. Die Sikaner saßen im Osten, die Siculer im Westen, die Phönikier umsäumten die ganze Küste, wo immer ein Ankerplatz, ein Vorgebirge oder ein vorliegendes Jnselchen zu finden war, und drangen auch an einigen Stellen ins Binnenland vor, die Kreter ließen sich nieder in Minoa an der Südküste, die Trojaner oder Elymer auf der hohen luftigen Warte des Eryxberges und in Egesta, und es begann schon damals jene Mischung von Völkerindividuen, wie sie auf der Erde kaum wieder ihres Gleiches gehabt hat. Ueber dieser tiefsten Schicht lagerte sich dann die zweite, die der Geschichte der Insel ihre Richtung gegeben hat: zuerst nur durch Stürme, heißt es, in die Ostsee verschlagen, lernten die Hellenen das wunderbare Land kennen und gründeten an den Küsten, besonders im Osten und Süden, jenen Ring von herrlichen Städten, die bald ihre Metropolen, ja fast auch die glücklichen ionischen Niederlassungen an Umfang und Macht, an Reichthum und Bildung überflügelten. Nicht ohne Kampf gelang die Besitzergreifung durch Zurückdrängen der frühern Völker in das Hochgebirge des Innern oder durch Unterwerfung und Knechtung. Aber aus den westlichen Klippen ließen sich die Phönikier. die an Karthago einen festen Rückhalt gewannen, nicht vertreiben; sie hielten an Palermo und Lilybäum mit unüberwindlicher semitischer Hartnäckigkeit fest, doch war die Insel fortan griechisches Gebiet. In zweihundertjährigem Stillleben wachsen diese Pflanzungen heran, bis wir am Anfang des 6. Jahrhunderts zwölf bedeutende und noch einige kleinere Hellenenstädte wohlgerüstet und innerlich stark auf die Bühne treten sehen. Freilich sind die nun beginnenden Kämpfe meist unerfreulicher Art, nicht gegen äußere Feinde patriotische Kriege zu führen gilt es, sondern man kehrt die Waffen gegen einander, sich in brudermörderischem Kampfe zu zerfleischen.