Beitrag 
Die bürgerlichen Ehrenrechte vor dem Strafrichter.
Seite
226
Einzelbild herunterladen
 

336

nähme mildernder Umstände an die Stelle der Zuchthausstrafe tritt. Ihre Dauer beträgt neben der Zuchthausstrafe mindestens zwei und höchstens zehn Jahre, neben der Gefängnißstrase zwischen einem und fünf Jahren. Die Wirkung tritt mit der Rechtskraft des Urtheils ein, die Zeitdauer aber wird von da ab berechnet, wo die Freiheitsstrafe verbüßt, verjährt oder erlassen ist. Die Wirkungen bestehen in dem dauernden Verlust der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte, der öffentlichen Aemter, Würden, Titel, Orden und Ehren, (der Verlust der Ruhe- und Gnadengehalte entlassener Beamten ist vom Reichstage gestrichen), ferner in der Unfähigkeit, während der Zeitdauer, auf welche diese Strafe erkannt ist, die Landeskokarde zu tragen, in das Bun­desheer oder die Bundesmarine einzutreten, öffentliche Aemter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen zu erlangen, in öffentlichen Angelegenheiten zu stim­men, zu wählen, gewählt zu werden oder andere politische Rechte auszuüben, endlich Vormund, Nebenvormund, Kurator, gerichtlicher Beistand oder Mit­glied eines Familienraths zu sein, es sei denn, daß es sich um Verwandte absteigender Linie handle und die obervormundschaftliche Behörde oder der Familienrath die Genehmigung ertheile. Man sieht, daß es wichtige Rechte sind, deren der Verurtheilte verlustig geht, wichtig nicht allein durch den Werth, welchen ihnen die Ehrliebe und der Patriotismus der Bürger bei­legt, sondern auch durch die Beschränkung der materiellen Erwerbsfähigkeit, mit welcher der Verlust derselben verknüpft ist. Es verlohnt sich daher, den inneren Grund und die Stellung dieser Strafart im Systeme unserer Straf­gesetze näher zu beleuchten.

Daß die Ehre, welche in der Werthschätzung der Mitbürger beruht, kein Gut sei, das vom Richter abgesprochen werden könne, darüber dürfte allge­meines Einverständniß herrschen. Der Richter kann den Grad der Achtung nicht bestimmen, welchen Jemand fortan in der öffentlichen Meinung ge­nießen soll, sondern er kann sich höchstens zum Organ der öffentlichen Mei­nung machen und das Verdikt wiederholen, welches diese über die Ehre des Verbrechers bereits gefällt hat. Allein wenn er dies thäte, so würde sein Ausspruch im besten Falle, wenn er nämlich das Urtheil der öffentlichen Mei­nung richtig wiedergäbe, überflüssig sein, da dieses Urtheil, um wirksam zu sein, nicht erst der richterlichen Bestätigung bedarf; im andern Falle, wo der Richter die öffentliche Stimme nicht trifft, würde sein Spruch wirkungslos verhallen. Indessen, um die Ehre schlechthin handelt es sich auch nicht in dem richterlichen Erkenntnisse, durch welches dem Angeklagten die bürgerlichen Ehrenrechte abgesprochen werden. Zwar muß der Richter hierbei die Ge­sinnung des Angeklagten, wie sie sich in dem begangenen Verbrechen kund gibt, seiner Beurtheilung unterziehen, aber die bewiesene Ehrlosigkeit der Ge- sinnung ist nicht selbst der Gegenstand, sondern nur der Grund seines Aus-