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erreicht werde; und was dann endlich noch zu thun übrig bleibt, werde auf Grund regelmäßiger, erschöpfender, durchsichtiger und überzeugender Berichte dem freien Mitgefühl der sich selbst erhaltenden Bevölkerung anheimgegeben. Es wird sicher nicht mehr sein, als was eine Stadt wie Hamburg mit der größten Bequemlichkeit und Freudigkeit ausbringt. Ja wir sollten mit Herrn Dr. Baumeister glauben, daß von dem Ertrag und Vermögen der Wohl- thätigkeits-Stiftungen sich noch allerhand für Gesundheits- und Bildungszwecke aussondern lassen würde.
Das neue badische Stiftungsgesetz läuft wesentlich auf folgende Bestimmungen hinaus: staatliche Genehmigung aller Stiftungen, Abänderung veralteter oder gemeinschädlicher Stiftungszwecke durch die Regierung, Verwaltung des Stiftungsvermögens durch die weltliche Gemeinde. Wenn man den ersten dieser Grundsätze für unentbehrlich halten sollte, so wird die Staatsgenehmigung im einzelnen Falle möglichst auf formelle Thätigkeit, auf die Anerkennung des Vorhandenseins bestimmter gesetzlicher Bedingungen und Voraussetzungen einzuschränken sein. Dafür daß es die Regierung sein müsse, von der die Abänderung eines nicht mehr haltbaren Sttstungszweckes kommt, anstatt einer selbständigen, mehr oder minder richterlichen Behörde, vermissen wir die Begründung. Den stärksten und verbreitetsten Anstoß aber hat die Bestimmung erregt, daß die Stistungsverwaltung ins künftige der weltlichen Gemeinde zustehen solle. Trotz des schreienden Unfugs, den geistliche Stiftungsverwaltung in einzelnen badischen Städten wie z. B. in Constanz und Ueberlingen angerichtet, trotz des handgreiflichen Segens, der dort den Uebergang an die weltliche Gemeindebehörde begleitet hat, sind nicht allein katholische, sondern auch protestantische, und zwar sehr freisinnige protestantische Geistliche und Kirchenvorsteher, z. B. die Heidelberger, dagegen aufgestanden, und cippelliren von dem reformatorischen Liberalismus der Regierung und der zweiten Kammer, an die conservative Denkart der Ersten. Bei diesen Protesten hat sich einmal wieder recht grell gezeigt, wie fremd die Kirche der inneren Entwickelung der Armenpflege geworden ist, ungeachtet sie noch immer nicht aufhört ihre Hinausdrängung aus dieser als einen Raub des Staates zu beseufzen, Man fordert die Selbständigkeit der kirchlichen Wohlthätig, keitsstistungen, ohne auf die örtliche Einheit der Armenpflege, eine Be- dingung ersten Ranges für jeden Erfolg, die mindeste Rücksicht zu nehmen. Das Motiv jener Gesetzesvorschrift, die sich einfach auf die heutige commu- nale Gestalt der Armenpflege stützt, scheint man nicht einmal zu verstehen; man erblickt dahinter nur eine generelle Tendenz der „Welt" oder des Staats, der geistlichen Ordnung Terrain abzugewinnen. Da wäre es an der Zeit, die protestirenden Protestantenvereins-Mitglieder auf die wirkliche Rolle einer
verjüngten volMhümlichen Kirche in der Armenpflege hinzuweisen. Die Rolle
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