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Der preußische Staat und Ernst Moritz Arndt : vorgetragen als Festrede am Krönungstage, dem 18. Januar 1870, in der öffentlichen Versammlung der deutschen Gesellschaft zu Königsberg in Preußen.
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Schleiermacher sagt, wenn ich recht erinnere, in einem Briefe aus dem Frühjahr 1813,wenn dieser Krieg nicht sieben Jahre dauert, hilft er uns nicht."

Wir wissen alle, wie überraschend schnell er zu Ende geführt ward. Mitten in dieser unwiderstehlichen Bewegung wirkte Arndt von Tag zu Tag rastlos auf die großen Ziele zu. In seinen poetischen und prosaischen Schrif­ten verkörperte sich die Macht seiner eigenen Stimmung und die Gesammt- bewegung der Nation zu jenen zum Theil so einfachen und deßhalb so schlagen­den Worten und Strophen, von denen so manche nie untergehen wird, so lange es ein preußisches Heer und ein deutsches Volk gibt.

Wird es uns heute schon schwer, die ganze Wucht jener unaufhaltsamen Bewegung uns zu vergegenwärtigen, viel schwerer doch wird es immer bleiben, den furchtbaren Stoß nachzuempfinden, mit dem die plötzliche Beendigung des Krieges, man darf sagen, der jähe Abschluß schon des ersten Pariser Friedens, alle diese treibenden, sich entwickelnden, drängenden Kräfte durcheinander warf.

Die unselige Lage, in welche schon die nächste« Resultate der großen Verhandlungen Preußen und Deutschland versetzten, war der einer plötzlich festgebannten Schöpfung zu vergleichen.

Man muß diese Rapidität des Stillstandes und den Unsegen der folgen­den Verwirrung ins Auge fassen, um auch Arndt's weitere Thätigkeit zu ver­stehen.Man beschuldigt", so schreibt er schon im Herbst 14,die politischen teutschen Schriftsteller und man hat auch Wich beschuldigt, d. wir.uristcit und ohne Mittelpunkt des Urtheils hin und her schwanken, ^ B.ei uns können wir Manches nicht sagen aus Mangel an politischer Haftung und Einsicht, bei uns dürfen wir Manches nicht sagen aus Mangel an polnischer Freiheit. Da wir in Deutschland noch nirgends ein festes politisches Ziel haben, so müssen viele politische Pfeile in die öde Weite abgeschossen werden und selten erfahren wir, ob sie getroffen haben. In einer.andreren Rücksicht sind wir mit unserem lieben Vaterlande daran, wie .ein Slrzt mit einem wahnwitzigen Kranken. Wenn man mit Wahnwitzigen spricht, so muß man in Worten und Reden oft die wildesten Sprünge machen, man muß ihnen fast gleich -wie haib toll reden nnd urtheilen, damit man nur di.e Stelle findet, wo sin kleines Bischen Vernunf-t wieder anA,ezünd.et werde» kan,n. Wir müssen bei einem Volk, das allen großen politischen 'Takt verloren hat, viel­fach hin und her fühlen und versuchen, ob und wo -w,ir ihm irgend eine Klar- heit anMnden können."

Schärfer, wie hier mK seinen eigene» Worten, wird man d.en Eindruck der schyiststellerischen Thätigkeit nicht charakteyisir.en können, in we.lche er sich jetzt hineinwarf. Der furchtbare Rückschlag jener orkanartigen Bewegung Grenzboten I. 1870. 47