Beitrag 
Das französische Ministerium.
Seite
125
Einzelbild herunterladen
 

125

Das französische Ministerium.

Diese Blätter haben gleich bei der Constituirung des neuen Ministeriums in Paris auf die großen Schwierigkeiten hingewiesen, welche es haben muß, eine wirklich constitutionelle Regierung in Frankreich herzustellen und hervor­gehoben, wie wenig günstig die beiden großen Factoren. welche bis jetzt jede Revolution seit 1789 überdauert haben, nämlich das bureaukratische Vermal- tungssystem und die Armee, dem Versuche, das liberale Kaiserthum an die Stelle des persönlichen Regiments zu setzen, sein müssen. Es mag grade jetzt, wo das neue Cabinet in seinen Flitterwochen steht und andererseits die innere Geschichte seiner Bildung durchsichtiger geworden ist, an der Zeit sein, auf diese Bedenken zurückzukommen und zu zeigen, daß bis jetzt nichts mehr gewonnen ist als nothdürftiger Raum zu einem Versuch, die constitutionelle Regierungsform auf französischen Boden zu verpflanzen: denn daß dies der Restauration wie der Julimonarchie nicht gelungen ist, daß vielmehr beide nicht über die Außenseite des Constitutionalismus hinauskamen, hat die Er­fahrung gezeigt.

Was nun zunächst die Entstehung und Zusammensetzung des Cabinets anlangt, so dürfte nach zuverlässigen Angaben einigermaßen zweifelhaft sein, daß dasselbe den Namen eines Ministeriums Ollivier verdient. Ollivier war allerdings vom Kaiser beauftragt, eine homogene Verwaltung zu bilden und er war wohl der einzige Mann, an den sich Napoleon wenden konnte, weil er die Versöhnung des Kaiserthums mit der Freiheit zu seinem ersten Princip machte. Aber er hatte diesem Princip im Laufe des letzten Jahres bereits solche Opfer gebracht, daß er seinen früheren Parteigenossen sehr bedenklich geworden war. Seine Wiederwahl konnte nur unter dem Schutze der Regie­rung durchgesetzt werden; er sprach sich für die Candidatur Pouyer-Quertters aus und stimmte für die Bestätigung aller officiellen Candidaten, auch in den Fällen notorischer Corruption. Er wollte deshalb bei seinem Versuch, ein Ministerium zu bilden, sich vor Allem auf das rechte Centrum stützen und von den früheren Ministern, außer den Fachmännern des Krieges und der Marine, auch Magne erhalten; schließlich mußte er selbst dem Kaiser ge­stehen, daß seine Liste auf keine feste Majorität im gesetzgebenden Körper rechnen könne, alle Chefs des linken Centrums hatten seine Anerbietungen abgelehnt. Die Folge des offenkundigen Scheiterns eines Ministeriums Ollivier aber hätte zu einem reinen Ministerium des linken Centrums führen müssen, welches dann wieder das rechte Centrum und die äußerste Rechte gegen sich gehabt hätte. Der Kaiser beschied, um dem vorzubeugen, den Grafen