4K
daraus erklärt, daß um die Zeit, wo sich in den benachbarten Ländern ständische Korporationen und Verfassungen bildeten, die Elemente zu einer solchen Gestaltung im Lande nicht vorhanden waren und auch später nicht entstehen konnten, da fast das ganze Land Domanium war. Wie die Herzoge von Mecklenburg in ihrem mecklenburgischen Domcmialgebiete das unbeschränkte Gesetzgebung - und Besteuerungsrecht bis auf diesen Tag üben, so waren sie darin auch in ihrem ratzeburgischen Domanium durch eine Vertretung der Bevölkerung nicht beschränkt. Ungeachtet dieser patriarchalischen Regierungsform aber blieb doch das Bewußtsein von dem Unterschiede zwischen Domanium und Staat, Grundherrschaft und Landesherrschaft, stets lebendig, auch nachdem das deutsche Reich zerfallen und damit die staatsrechtliche Bedeutung des Landes für den Herzog von Mecklenburg - Strelitz als der alleinigen Grundlage seiner Reichsunmittelbarkeit in den Hintergrund getreten war. Die staatliche Selbständigkeit des Fürstenthums Ratzeburg wurde in Gesetzgebung und Verwaltung nach wie vor anerkannt. In besonders prägnanter Form geschah dies im Jahre 1848, als zur Vereinbarung einer eon- stitutionellen Staatsverfassung eine mecklenburgische Abgeordnetenkammer berufen wurde. Die Regierung erließ damals in der Absicht, auch die ratze- burgische Bevölkerung in den zu schaffenden einheitlichen Staat aufzunehmen, ein besonderes ratzeburgisches Wahlgesetz, welches nur den stimmberechtigten Ratzeburger für wählbar erklärte und zugleich die Entscheidung über die Frage der Betheiligung Ratzeburg's an der mecklenburgischen Abgeordnetenkammer von den Beschlüssen der ratzeburgischen Wählerversammlungen abhängig machte. Später zog die Regierung diese letztere Bestimmung des Wahlgesetzes zwar zurück, dachte aber noch immer darauf, den Ratzeburgern innerhalb der vorbereiteten neuen Staatsverfassung Garantien zur Sicherstellung ihrer Besonderheiten zu schaffen, und erklärte es in den Erläuterungen zu dem vorgelegten Verfassungsentwurf ausdrücklich, daß „das Fürstenthum Ratzeburg bisher nur durch Personalunion mit dem Herzogthum Strelitz verbunden war."
In der von keiner Seite bestrittenen staatlichen Selbständigkeit des Fürstenthums Ratzeburg lag denn auch der Anspruch desselben begründet, daß der dreizehnte Artikel der deutschen Bundesacte — „in jedem Bundesstaate wird eine landständische Verfassung stattfinden" — an ihm zur Ausführung gebracht werde.
Es fehlte jedoch lange Zeit hindurch an jeder Anregung zu einem solchen Schritt. Die strelitzische Regierung hatte kein Interesse, dem Lande zu einer Verfassung zu verhelfen, und wurde nur durch den politischen Sturm des Jahres 1848 zu jenem flüchtigen und zu ihrer eigenen höchsten Befriedigung verfehlten Versuch bestimmt, welcher die Einführung einer constitutio-