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Correspondenz aus Hamburg.
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der Punkt, welcher zu den am meisten berechtigten Ausstellungen Anlaß gibt, weil dasselbe in der That nicht, wie manche Binnenländer.glauben, zu niedrig, sondern zu hoch bemessen ist; denn es bafirt auf der Annahme, daß die Con- umtionsfähigkeit per Kopf in Hamburg und Bremen mehr als doppelt so groß sei, als im Zollverein, während statistisch festgestellt ist, das dies Verhältniß längst nicht erreicht wird. Das Plus ist also eine Prämie, welche man die Hansestädte für die Erhaltung ihrer Freihafenstellung bezahlen läßt. Eine solche erscheint uns nicht gerechtfertigt; entweder die beiden Freihäfen sind im Interesse Deutschlands nicht gefordert, dann hebe man sie auf. oder sie sind es, wie man im Bundeskanzleramt zugibt, dann sollte man im Aversurn auch nur genau den Betrag der Consumtion per Kopf erheben.

Dagegen beklagt sich kein Verständiger über die erhöhte Militärlast, weil man wohl einsieht, daß unsere früheren geringeren Ausgaben wie bei allen Kleinstaaten ihren Grund lediglich darin hatten, daß Preußen das Plus für uns mittrug. Auch die Einbuße des Wechselstempels, obwohl ein empfind­licher Verlust für die Staatseinnahmen, wofür die Verminderung der Matri- cularbeiträge kein Aequivalent gibt, ist ohne Mißvergnügen hingenommen worden und Gleiches gilt von der erhöhten Armenlast, welche uns, wie allen großen Städten, die Freizügigkeit gebracht hat.

Ueberhaupt dürfen wir sagen, daß von allen besonnenen Patrioten erkannt wird, wie unendlich überwiegend die Vortheile sind, welche der norddeutsche Bund uns gebracht hat. Die Ausgaben sind freilich wie überall stark ge­wachsen, aber auch die Einnahmen und zwar bis jetzt ohne neue Steuern. Das vorliegende Budget schlägt die zu erwartenden Mehreinnahmen gegen 1869 auf 200,000 Mrk. von der Grundsteuer, auf 100,000 Mrk. von der Einkommensteuer und auf ebensoviel von Zoll und Accise an. Das beweist, daß die Quellen der eigentlichen Steuerkraft trotz der ungünstigen Handels- conjuncturen im Wachsen sind, und da diese Quellen in der Handelsgröße Hamburgs liegen, so ergibt sich daraus, daß der norddeutsche Bund diese Größe nicht schmälert, sondern fördert. In erster Linie unter den Wohl­thaten des Bundes steht die Erlösung von der dänisch-hannoverschen Nach­barschaft. Niemand, der unsere Particulargeschichte der letzten 60 Jahre genauer nicht kennt, hat eine Ahnung von den Kämpfen, welche Hamburg gegen den Neid Dänemarks und Hannovers mit seinen schwachen Kräften hat füh­ren müssen, wie jene beiden Regierungen künstlich unsere natürlichen Ver­kehrsadern zu unterbinden suchten, durch Transitzölle, Verbote Straßen zu bauen, Behinderung von Stromregulirungen u. s. w. Jede Concession in Hinwegräumung dieser Hindernisse mußte mit schweren Opfern erkauft wer­den. Berghohe Acten sind noch in den ersten Jahren dieses Decenniums angehäuft in Unterhandlungen mit Hannover über die Elbbrücke, sie