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Friedrich Schlegel und die Xenien : an R. Haym.
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seitdem zum geschworenen, unbedingten Lobredner Goethe's gestempelt. Und nun wagte selbst dieser Lobredner, dieser Vertreter der neuesten Kritik, die offenbar die Tugend der Conseguenz verachtete, sich so rücksichtslos an seinem erkorenen Lieblinge zu vergreifen!

(Die Griechen und Römer 1797) S. 79. Zahlreiche und umfängliche Documente setzen uns -in den Stand, genau zu verfolgen, wie Friedrich Schlegel in den verschiedenen Perioden sei­ner Thätigkeit Goethe's Dichtung und den Dichter selbst ansah und beurtheilte. Stellt man diese Documente der Zeitfolge nach zusammen, so läßt sich an ihnen deutlicher, als an man­chen anderen kritischen Arbeiten Schlegel's, der jedesmalige Standpunkt seiner darf ick sagen? Ueberzeugungen und die allmälige Umwandlung seiner Sinnes - und Anschauungs- art, nachweisen. Den Anfang macht die im Text erwähnte Schilderung des Goctbe'schcn Dichtercharakicrs; in der Mitte liegen die Aufsätze, die einen vorzüglichen Schmuck des Athe­näums bilden, die Charakteristik des Meisters (1, 2, 147), in welcher manche Leser der Ironie, die dort vorhanden sein soll, wohl vergeblich nachspüren, und derVersnch über den verschiedenen Stil in Goethe's früheren und späteren Werken" (im Gespräch über die Poesie 3, 2, 170), ein für jene Zeit höchst bemerkenswerther Versuch, die 'Uni­versalität des Gocthe'sche» Dichtergeistes, durch einen zusammenfassenden Ueberblick seines damals noch nicht abgeschlossenen künstlerischen Bildungsganges, aus dem verschiedenen Cha­rakter seiner Werke darzuthun; er möchte schon damals glücklicher ausgefallen sein, wenn nicht Friedrich, eben so wie sein Bruder hierin sind einmal beide einstimmig die ge­schichtliche Bedeutung und den künstlerischen Werth der Goethe'schen Jugendpoefle zu gering angeschlagen hätte. Den Uebcrgang zu seiner spätern Weit- und Kunstanschauung bezeichnet sehr bestimmt die in den Heidelberger Jahrbüchern 180Z veröffentlichte geistreich sophistische, mit vollkommener Virtuosität geschriebene Recension, an welcher Schlciermacher sich so sehr er- getzte, (an Vrinckmann 29, März 1808) und über welche Goethe selbst im Briefe an Reinhardt vom 22. Juni sich mit wohl abgemessenen Worten äußert. Wie dann in den Vorlesungen über die Geschichte der Literatur das Bekenntniß über Goethe lauten mußte, das ließ sich nach der ganzen Tendenz dieses Unternehmens schon im voraus ziemlich genau bestimmen.

(Schluß in nächster Nummer.)

Correspondenz aus Hamburg.

Hamburg, Anfang December. Das Hamburgische Budget für 1870, welches vom Senat kürzlich der Bürgerschaft vorgelegt ist, schließt mit einem Deficit von 281,494 Mark ab- Wenn dasselbe nun auch aus den Ueberschüssen früherer Jahre gedeckt werden kann, so bleibt ein finanzieller Zustand, welcher ein früheres regelmäßiges Plus durch ein Minus ersetzt, immer unbefriedigend, und Niemand wird in Abrede stellen können, daß dies vor Allem den Mehrausgaben und Minder­einnahmen zuzuschreiben ist, welche der norddeutsche Bund uns gebracht hat; die ersteren bestehen in dem Aveisum und dem höheren Militäretat, die letzteren vorläufig in dem an den Bund übergegangenen Wechselstempel, von welchem interimistisch den Einzelstaaten noch 36 Proc. verbleiben. Das Aversum ist