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Der Entwurf eines norddeutschen Strafgesetzbuches.
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solche Zweifel aufkommen läßt. Jedenfalls steht die auffallende Thatsache fest, daß diejenigen preußischen wie nichtpreußischen Practiker, welche man in kompetenten Kreisen allseitig als die nicht zu entbehrenden Mitglieder der zu berufenden Commission betrachtete, von ihr ausgeschlossen geblieben sind. Wir müssen es daher aussprechen, daß die in Berlin tagende Commission weit entfernt ist. den imponirenden Eindruck zu machen, welcher erforderlich wäre, wenn ihre Berathungen einigen Ersatz dafür gewähren sollten, daß eine ihnen vorangehende öffentliche Discussion'des Entwurfes abgeschnitten wurde. Der vorherrschende Eindruck ist der, daß es darauf ankommt, dem preußischen Entwürfe durch die Beschlüsse der Commission möglichst schnell die Signatur eines deutschen aufzudrücken.

Ob es der Commission gelingen wird, durch ihre Beschlüsse den Entwurf so zu gestalten, daß alle Besorgnisse, welche sich an seine gegenwärtige Ge­stalt und die Art seiner Behandlung knüpfen, niedergeschlagen werden, bleibt abzuwarten. Sollte es nicht der Fall sein, so hoffen wir, daß der Reichstag, der auf ein Prüfen und Amendiren der einzelnen Gesetzes-Paragraphen erst eingehen kann, wenn er den Entwurf durch die vorher erzielte volle Verständigung über alle Fragen von principieller Bedeutung dazu reif er­achtet, es vorziehen wird, die doch sicher nicht unerträglichen strafrechtlichen Zustände Norddeutschlands noch ein Jahr länger fortbestehen zu lassen, als dazu mitzuwirken, daß in übergroßer Eile ein unreifes Werk geschaffen werde.

Holländische Corresponvcnz.

Harlem, Anfangs October 1869.

Vor einigen Monaten schrieb ich Ihnen, daß bei uns zu Lande noch ein allgemeines Mißtrauen gegen die Absichten Preußens, ein Unmuth über die Veränderungen in Deutschland, herrsche. Ich theilte Ihnen mit, wie aus unserer Tagespresse eine schwer verhohlene Abneigung gegen unsere südöst­lichen Nachbarn herauszulesen sei, und wie man sich im allgemeinen noch nicht an die neuen deutschen Zustände gewöhnen können, ja selbst noch Furcht vor preußischen Annexionsplänen hege. Verfolgt man aber eine seit einigen Wochen in unsern Zeitungen geführte Polemik, dann sollte man glauben, es habe seit ganz kurzer Zeit ein bedeutender Umschwung in der öffentlichen Meinung stattgefunden. Ist das wirklich der Fall, oder werden einige Er­scheinungen die daraus schließen lassen überschätzt? Eine kurze Mittheilung