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Verständige muß besonders liebenswerth oder bedeutend sein, natürlich in Farbe und Kraft immer so abgestuft, daß er den Helden nicht in Schatten stellt, er muß seine Bedeutung darin erweisen, daß er dem Haupthelden allerdings starke Bewegung aufregt, nur nicht die beabsichtigte. — Für diese Art von Charakteren geben die Griechen die besten Vorbilder: Jsmene, Teiresias.
Die Bestandtheile des Dramas, welche ohne wesentlichen Verlust für die Haupthandlung wegbleiben oder durch starke Kürzungen in ihre richtige Stellung zurückgeführt werden können, sind dem dramatischen Leben des Stückes nicht ein Ueberfluß, sondern eine Beengung, denn sie beschränken den Raum, welchen die inneren Bewegungen des Hauptcharakters in Anspruch nehmen sollten.
Die Charaktere der Hauptpersonen sind für eine starke Bühnenwirkung scharf gezeichnet, heben sich in einfachen Umrissen gut von einander ab und geben sämmtlich Rollen, welche sicher sind, daß der Schauspieler sie versteht und selbst bei nur mäßigen Mitteln zur Geltung bringt. Dieser Vorzug scharfer Conturen von einfachem Schwünge wird sicher dem Stück das Interesse der Darsteller zuwenden und den Erfolg auf der Bühne sichern, soweit dieser von heimischem Stoff und wirksamen, leicht faßlichen Rollen abhängt. Weit obenan steht die Hauptgestalt, Gräfin Theda, stolz, gebieterisch, eine strengt, aber wohlmeinende Tyrannin von fürchterlicher Härte und Festigkeit des Willens; daneben die beiden Töchter, von denen Gela die sanften Contrastfarben, Almuth ihrer Mutter an Energie und Empfindung des Willens ähnlich, dieselbe Anlage in hellerem Tone darstellt. Dann der junge Günstling Engelmann, ein etwas verwöhntes Kind des Glücks, aber eine wackere Heldengestalt, und der frivole, leichtherzige, Alles bespöttelnde Oldenburger, eine besonders wirksame, keck gezeichnete Gestalt. An diese Gruppe schließen sich als Nebenfiguren die beiden Söhne der Gräsin, der schwache geckenhafte Enno und der gutgeartete junge Eduard in den entsprechenden Farben. Man begreift völlig, wie die Kinder dieser Mutter so geworden sind. Ganz vortrefflich ist die Schilderung der verschiedenen Häuptlingscharaktere, zumal des schlechten, intriguanten Gerd.
Nur fehlt dieser guten und ächt poetischen Disposition der Charaktere Eins zur vollen Wirkung. Die Hauptperson, die Gräfin, wandelt mit eintöniger Starrheit durch das ganze Stück, befehlend, ohne auf Einrede zu hören, rücksichtslos heischend, gehärtet durch jeden Widerstand gegen ihren Willen. Dieser Art von Consequenz fehlt, was den Charakter uns fesselnd macht; alle Ereignisse und Schläge des Schicksals prallen an ihr ab bis zu den letzten Schlußversen, wo ihre Thränen doch nicht ausreichen, Sühne und letzte Erhebung zu geben. Wenn die Griechen vorschrieben, daß der Haupt-