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Gewerbliche Hilfskassen.
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frühere Zeit sich kleinlich, aber sicher und gleichmäßig bewegte, sind ver­schwunden, die alten Schranken, welche bisher die freie Bewegung hemmten, sind gefallen und mußten fallen, aber mit der Proclamation blos negativer Freiheit ist noch wenig gewonnen. Wir sind hinaus über den kahlen Be­griff des Rechtsstaates, in dem das I^isser Ällerldie einzige Norm bildet. Der Staat soll positiv eingreifen, um das Wohl seiner Ängebörigen zu stützen, soweit dies geschehen kann, ohne eine Klaffe auf Kosten der andern zu be­günstigen, und nirgends ist diese Pflicht dringlicher als bei der Klaffe, welche durch ihre Eavitallosigkeit andern gegenüber die schwächere ist. Der Staat ist der natürliche Vormund der wirthschaftlich noch Unmündigen. In dieser Eigenschaft hat er aber auch den Ardeiter anzuhalten, seine Pflichten gegen sich selbst zu erfüllen. Derselbe hat kein Recht, in den Tag hineinlebend jeden verdienten Groschen aufzuzehren und dann im Alter oder bei Krankheit den öffentlichen Anstalten zur Last zu fallen; er soll in der Zeit rüstigen Erwerbs für künftige schlechte Tage sorgen. Wenn der Staat die oben angeführte Beitragspflicht für unselbständige Arbeiter ausspricht, übt er damit sowenig Tyrannei wie durch die all­gemeine Schul- oder Wehrpflicht; er wehrt' nur von sich eine Last ab, die rein unerträglich werden müßte. Es ist recht eigentlich die Aufgabe unserer Tage, für die neue Gestaltung des wirthschaftlichen Lebens Formen zu finden: der freien Bewegung muß voller Raum gegeben werden, aber die Staats­gewalt hat darauf zu halten, daß jedem Recht auch eine Pflicht gegenüber­stehe. Hierin liegt die wahre sittliche und politische Erziehung, und gewerb­liche Kassen auf den gedachten Grundlagen würden unserer Ansicht nach wesentlich dazu beitragen den Verhältnissen der arbeitenden Klassen festern Halt zu geben und sie den Irrlehren socialistischer Volksbeglücker resp. Ver­derber zu entziehen.

Ccirrespondenz aus Holland.

Haarlem, Anfang August.

Man scheint sich im Auslande über die Stellung, welche die Niederlande zu dem belgisch-französischen Eisenbahnvertrage einnehmen, noch immer keinen richtigen Begriff bilden zu können. Das'AmsterdamerHandelsblad" rief Angesichts der deutschen Zeitungsberichte aus Holland neulich aus:Ist denn unter den vielen hier lebenden'Deutschen keiner fähig und verständig genug, um, was man von uns zu vernehmen wünscht, in einer solchen Weise mit­zutheilen, daß nicht ein Paar Zeilen nothwendig schon Irrthümer ent­halten?"

DieKölnische Zeitung" und daran knüpfe ich zunächst an theilte ihren Lesern nämlich mit. daß bei uns ein Streben zur Wiedervereinigung mit den flämischen Provinzen Belgiens bestehe, und daß wir uns deshalb etwaigen Absichten Frankreichs auf Belgien nicht widersetzen würden. Wer auch nur in den letzten Monaten unser politisches Treiben näher betrachtet hat, weiß, daß diese beiden Angaben gleich irrthümlich sind. An eine Ver­einigung mit Flandern denkt hier nicht allein Niemand, sondern mau würde sich derselben geradezu widersetzen. Die Parteien hier zu Lande haben bei den